Naturheilpraxis - Ausgabe 02/2002
Das Organ des Lebens
von Olaf Rippe

Die Leber in der traditionellen abendländischen Medizin
Die Eingeweideschau
In der Antike verstand man unter Glück und damit auch unter Gesundheit, eine Harmonie zwischen den eigenen Willensvorstellungen und dem Willen der Götter. Krankheit war somit eine Folge von Streitigkeiten zwischen Menschen- und Götterwelt. Wer sich über die höchsten Mächte erhob, der musste ihren Zorn fürchten.

Einem höheren Willen kann man sich aber nur fügen, wenn man ihn kennt. Also braucht es die Kunst der Divination (Wahrsagekunst), die in antiken Zeiten noch von Priesterärzten ausgeübt wurde. Nur Seher konnten feststellen, ob die eigenen Absichten dem Willen der Götter entgegen standen oder nicht.
Da die ganze Natur vom göttlichen Willen gezeichnet war, gab es die verschiedensten Divinationstechniken. Manche Götter offenbarten sich durch Blitze oder im Vogelflug, manche im Rascheln von Bäumen, andere im Knistern von Räucherwerk oder durch die berauschte Ekstase medial veranlagter Menschen. In Mesopotamien, Griechenland und vor allem bei den Etruskern, war die Eingeweideschau von Opfertieren allerdings die bevorzugte Methode, wobei die Betrachtung der Leber (Hepatoskopie) besonders beliebt war; erste Zeugnisse dieser Tradition werden auf das 3. Jahrtausend v.u.Z. datiert.

Aus dem Verhalten des Opfertiers und aus der Beschaffenheit der Leber konnte man darauf schließen, ob das Opfer angenommen wurde und ob die Götter einem gewogen waren. Durch Anrufungen und duftendes Räucherwerk aus Balsamen und Harzen, stellte man sicher, dass die Götter ihren Willen der Leber eingravierten.

Um zu wissen, welche Gottheit Antwort gab, teilte man die Leber in verschiedene Sektoren ein. Bei den Etruskern waren dies die vier Himmelsrichtungen, die den Elementenkräften Feuer, Luft, Wasser und Erde entsprachen. Diese unterteilte man wiederum in vier Abschnitte, so dass insgesamt 16 Bereiche entstanden, von denen allein der Donnergott Tinia/Zeus, der Mächtigste unter den Göttern, drei Bereiche beseelte (Abbildung siehe "Naturheilpraxis 2/2002).

Warum gerade die Leber in der Divination so beliebt war, erklärt sich aus der antiken Vorstellung, dass sie das Organ des Denkens und Fühlens war. Sie galt als Sitz der Seele und der Lebenskraft.
Diese Idee findet sich auch in der antiken Weltsicht der Elementenlehre wieder, wie sie von Empedokles im 5. Jahrhundert v.u.Z. entwickelt wurde.

Die Leber und das Wirken des Elements Wasser
Das Jupiterorgan Leber und das Zinn
Nach hermetischer Vorstellung ist der Mensch ein Mikrokosmos, in dem sich Sonne und Mond sowie die fünf Wandelplaneten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn, in sieben Hauptorganen verkörpern. Die Leber ordnet man dabei dem Jupiter zu. In der Astrologie bezeichnet man ihn auch als das "große Glück", in der Antike nannte man ihn den Königsstern und Träger der Weltenweisheit. Paracelsus schrieb hierzu: "Und der Jupiter gleicht dem Planet der Leber (...). Ihr sollt wissen, wenn die Leber nicht da wäre, da gäbe es nicht Gutes im ganzen Leibe. Gleich Jupiter wirkt sie und mildert wie er durch seine Güte alles Ungestüm." Das Ungestüm ist die Dyskrasie aus einer mangelnden Stoffwechselleistung, bzw. Entgiftung wie zuvor besprochen.

Nach dem Gesetz der Korrespondenzen ordnet man den Planeten nicht nur Organe zu, sondern auch die Welt der Heilmittel. Eine besonders intensive Planetenwirkung finden wir in den Metallen, die man vor allem als Konstitutionsmittel verwendet. Pflanzliche oder tierische Arzneien verstärken nach dieser Vorstellung das Wirken der Metalle.
Dem Jupiter ordnet man das Zinn zu. Das Jupitermetall wäre demnach die beste Leberarznei und bei allen sonstigen Prozessen angezeigt, bei denen das Wirken Jupiters eine Rolle spielt (Tabelle und "Schriften von Alla Selawry" siehe "Naturheilpraxis 2/2002").

Wie sehr sich dieses alte Wissen bis heute erhalten konnte, zeigt sich in den Indikationen von Arzneimitteln mit Zinn als Bestandteil.

zurück  zum Seitenanfang
Naturheilkunde Tagesklinik AG - Deutschhausstr. 28 - 35037 Marburg -
Telefon: 0 64 21 - 69 00 74 - Fax: 0 64 21 - 69 00 72
nhk-ag@gmx.de -  Datenschutzerklärung  -  Impressum