Naturheilpraxis - Ausgabe 04/2001
Die Lieblingsarzneien des Paracelsus
von Max Amann

Herstellung und Anwendung der „wahren“ Arznei

Stets in finanziell beengter Lage und viele Jahre als Wanderarzt tätig, hat er in seinem relativ kurzen Leben ganz Außerordentliches geleistet: Über seine sensationellen Heilerfolge hinaus wurde er, hauptsächlich durch seine Lehren zur arzneilichen Behandlung der Krankheiten, zu einem Erneuerer der Medizin.

Durch seine laborantische Kunst wurde er zudem zum Begründer der Iatrochemie, auch Chemiatrie genannt. Die Iatrochemie ist die konsequente Verwendung von im Labor hergestellten Stoffen als Arzneimittel.

Umgewandelte Naturstoffe oder Kunstprodukte hat man schon seit der Antike als Arzneien verwendet, doch geht die systematische Verwendung dieser – alchimistischen – Produkte auf Paracelsus zurück. Besondere Verdienste hat er sich durch die richtige Anwendung gefährlicher Stoffe als Arzneien erworben: „Alle Dinge sind ein Gift und nichts ist ohne Gift, nur die Dosis bewirkt, dass ein Ding kein Gift ist“ (Paracelsus: I/477).1)

Die Alchimie war für Paracelsus keine Methode zur Gewinnung von Gold, sondern ein unentbehrliches Verfahren zur Herstellung besonders wirksamer Arzneien. Er lehrte, dass es notwendig sei, therapeutisch aktive Natursubstanzen durch die Kunst zu verbessern und wie man inaktive, bzw. giftige Stoffe in Arzneien verwandeln kann: „Wenn auch ein Ding ein Gift ist, kann es in die Form eines ungiftigen Dinges gebracht werden. Ein Beispiel vom Arsenik (...). Glühe ihn mit sale nitri (Salpeter), dann ist er kein Gift mehr. (...). Ich scheide das, was nicht ein Arcanum ist, von dem, was ein Arcanum ist, und ich gebe die richtige Dosis vom Arcanum“ (Paracelsus: I/479).

Dies gilt für Einzelstoffe und in noch höherem Maße für das Erstellen und die laborantische Bearbeitung zusammengesetzter Rezepturen.

Die bedeutendste Leistung Hohenheims ist aber nicht die Begründung der modernen Pharmazie, also eine naturwissenschaftliche Großtat, sondern eine philosophische Glanzleistung, nämlich die Lehre von den Drei Prinzipien in der stofflichen Welt.

Großherzog Francesco I von Medici mit seiner Geliebten und späteren Ehefrau Bianca capello in seinem Labor (vorne rechts unten), 1570.

Die zwei wichtigsten Lehren des Paracelsus zur Therapie
1. Die Lehre von den Drei Prinzipien
Aus der galenischen Medizin des Mittelalters übernahm Paracelsus die Lehre von den Vier Elementen Feuer, Luft, Wasser und Erde, die die Materie zusammensetzen. Er hat dieses Lehrsystem keineswegs abgelehnt, wie man manchmal liest. Für die Beurteilung der in der Welt existierenden Dinge, also auch der realen Stoffe, der Wesensart der Krankheiten, dem Weg zur Heilung und der richtigen Arzneimittel, fand er aber ein fortschrittlicheres System, das der Drei Prinzipien Merkur, Sulfur und Sal.

Merkur, das Flüchtige und Sulfur, das Brennende übernahm Paracelsus aus der arabischen Alchimie. Seine Leistung ist die Formulierung eines dritten Prinzips, nämlich Sal, des Festen.

Die Beziehung zwischen Elementen und Prinzipien
Elemente bauen die stoffliche Welt auf: „Es gibt vier Mütter der Dinge, die wir Elemente nennen, das Feuer, das Wasser, die Luft und die Erde“ (Paracelsus: III/441).

Die Prinzipien sind geistiger Natur. Sie haben schon vor Entstehung der materiellen Welt existiert und sind jetzt aber an die Materie gebunden: „Das Sichtbare und Greifbare ist der Körper der Welt, der da aus den drei Urstoffen besteht, dem Schwefel, Quecksilber und Salz“ (Paracelsus: IV/800).

Prinzipien sind nichts Quantitatives, das man wiegen oder als Gewichtsanteil angeben kann. Sie sind etwas Qualitatives, das man in seiner Intensität darstellen kann. Von großer Bedeutung für Krankheit und Heilung ist ein harmonisches Verhältnis der Prinzipien zueinander: „Sind die 3 vollkommen miteinander verbunden, so steht es um die Gesundheit gut. Wenn sie aber zerfallen, sich zertrennen und sondern, wenn die eine fehlt, die andere brennt und die dritte sonst irgendeinen Weg geht, so sind das die Anfänge der Krankheiten“ (Paracelsus: I/70).

Die Prinzipien sind stets verbunden, wie immer wieder betont werden muss. Nie tritt ein Prinzip allein in einem Stoff auf. Wird bei einem Stoff, beispielsweise einem Arzneimittel, angegeben, es habe einen ausgeprägt merkuriellen Charakter, so soll dies ein starkes Überwiegen der Intensität dieses Prinzips darstellen. Kompliziertere Systeme, ein Lebewesen beispielsweise, enthalten auf jeden Fall alle drei Prinzipien in annähernd gleicher Intensität. Krankheit ist hauptsächlich, wie oben dargestellt, eine Störung der Beziehung zwischen den Prinzipien, weniger das Auftreten eines zu großen Missverhältnisses der Intensitäten. Weitaus die meisten wichtigen Arzneimittel sind deshalb nicht von einem Prinzip geprägt, sondern von zweien. Alle wirksamen komplizierten Arzneizubereitungen zeigen Eigenschaften aller drei Prinzipien in harmonischer Beziehung zueinander.

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