Naturheilpraxis - Ausgabe 04/2001
Signaturenlehre: Botschaften der Zaunkräuter
von Margret Madejsky

Zahlreiche Pflanzen folgen dem Menschen seit Urzeiten auf Schritt und Tritt. Sie klettern an Zäunen empor, besiedeln kleinste Mauerritzen, gedeihen sogar an stark befahrenen Straßen oder entlang von Bahngleisen. Zu den ständigen Begleitern der Zivilisation gehören altbewährte Vielheiler wie Brennnessel, Löwenzahn, Schöllkraut oder Wegerich. Die unter dem Begriff "Ruderalflora" zusammengefassten Gewächse erweisen sich im naturfeindlichen urbanen Umfeld als wahre Überlebenskünstler und eben darin zeigen sich auch ihre unglaublichen Heilkräfte. In diesem Beitrag sollen daher die Signaturen dieser menschenfreundlichen Gewächse ein wenig beleuchtet werden, auch, um dabei vielleicht auf "neue" Indikationen für diese altbekannten Heilpflanzen zu stoßen.
Die Signaturenlehre wird oft als Arzneilehre bezeichnet, bei der man vom äußeren Erscheinungsbild einer Pflanze, beispielsweise von Farbe und Form, auf das Innere, also auf Wesen und Heilwirkung schließen kann. Doch die Signaturenlehre des Paracelsus ist in Wahrheit wesentlich komplexer und der Begriff "Signatur" versteht sich als "Zeichen" im weitesten Sinn. Neben Farben und Formen von Blüten, Blättern, Stängeln, Wurzeln oder Früchten kommt vielen weiteren Eigenarten und botanischen Merkmalen eine Bedeutung zu. Geht man davon aus, dass ausnahmslos nichts ohne Bedeutung ist, dann haben ferner der Geruch, der Geschmack, die Konsistenz, die Art der Fortpflanzung, die Wachstumsperiode, die Lebensdauer, das Lichtverhalten, die Gesellschaft, die Bodenbeschaffenheit und nicht zuletzt auch der Standort als solcher Aussagekraft. Darüber hinaus passt sich die Vegetation den veränderten Umweltbedingungen an, so dass im Laufe der Zeit auch "neue" Signaturen hinzutreten.

Was die Ruderalpflanzen angeht, so sind auch diese auf vielfältige Weise gezeichnet und ihre Signaturen erlauben Rückschlüsse auf die besonderen Kräfte, die sie in sich bergen. Es ist bereits ein erstes "Zeichen", dass sie dem Menschen seit Urzeiten bis zur Haustür folgen. Der Paracelsist Emil Schlegel fragte sich deswegen: "Ob nun diese Gewächse sich in besonderem Maße der Volksaufmerksamkeit und der Heilkunde darbieten wollen?" Schlegel bezog sich auf die alte Regel der Heilkunst, die lautet: "Wo das Übel, da ist das Heilmittel"1. Dieser Gedanke findet sich ebenso bei Paracelsus, der bemerkte: "Wo Krankheit, da Arznei, wo Arznei, da Krankheit" (I/378)2. In der Tat waren jene Pflanzen, die bevorzugt in menschlicher Nähe gedeihen, auch die ersten Heilpflanzen der frühen Siedler. Die Germanen sahen in den nahrhaften und heilsamen "Zaunkräutern" noch die Verkörperung wohlwollender Hausgeister und viele dieser menschenfreundlichen Gewächse blicken nun schon auf eine Jahrtausende alte Heiltradition zurück. Doch was hat es zu bedeuten, wenn wir bestimmten Pflanzen bis heute an den unwirtlichsten Plätzen, mitten in Großstädten auf Schritt und Tritt begegnen?

Paracelsus ging davon aus, dass Krankheit und Arznei demselben Grund entspringen oder denselben Umwelteinflüssen unterliegen und konstatierte: "Jedem Land wächst seine eigene Krankheit, seine eigene Arznei und sein eigener Arzt" (III/492). Im übertragenen Sinn bedeutet dies, dass gegen die Krankheiten des Städters Pflanzen wachsen, die in seiner unmittelbaren Nähe zu finden sind.

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