Panta Ausgabe 3/1992
Amalgam - Problem für Ärzte und Zahnärzte
Karl-Heinz Friese

Zusammenfassung
Seit Anfang des 19.Jahrhunderts wird in der Zahnheilkunde Amalgam verwendet, ohne dass bis jetzt die Giftigkeit eindeutig geklärt wurde. Nachdem sich beim Lebenden jahre-lang eine Quecksilberintoxikation mit schul-medizinischen Methoden nicht nachweisen ließ, steht uns jetzt mit dem vom Münchner Toxikologen Max Daunderer entwickelten Test mit DMPS eine Möglichkeit zur Verfü-gung, die Quecksilberbelastung im Körper quantitativ zu messen. Es läßt sich somit der Nachweis führen, dass viele chronische Erkrankungen durch eine Quecksilbervergif-tung mitverursacht werden. Nach zahnärzt-licher Sanierung kann mit DMPS das Queck-silber ausgeleitet werden. Homöopathische Mittel gegen die Symptome der Quecksilber-vergiftung werden beschrieben.

Schlüsselwörter
Quecksilbervergiftung,
Amalgamallergie,
Zahnplomben.
Summary
Since the beginning of the 19th century, amalgam has been used in dentistry, but until today, the toxicity of amalgam has not been determined exactly. For many years it has not been possible to prove an intoxication with mercury in vivo, but now the test DMPS, which has been developed by the toxicologist Max Daunderer in Munich, offers the possibility to measure the amount of mercury in the body quantitatively. Now it can be proven, that intoxication with mercury have been one of the causes for many chronic diseases. After the dental sanitation, it is possible to remove the mercury with the help of DMPS. Homoeopathic drugs against the symptoms of an intoxication with mercury will be described.

Keywords
Mercurial poisoning,
amalgam allergy,
filling.

Vorbemerkung
Bereits 1528 beschreibt der Ulmer Stadtphysikus Johann Stocker, wie Zahnlöcher mit Amalgam behandelt werden können.
1826 entwickelte Taveau in Paris das Amalgam, bereits 1840 wurde es in den Vereinigten Staaten von Amerika wieder verboten, auf Druck der dortigen Industrie 1855 aber wieder zugelassen.
1926 warnte der Chemiker Stock erneut vor den Gefahren des Quecksilber-dampfes und beschrieb im Jahre 1939 eine chronische Vergiftung infolge der Instabilität
des Amalgams.
Die Diskussion über die Gefährlichkeit des Amalgams ist also schon recht alt und reißt nicht ab.
Durch die EAV wurde schon seit Jahrzehnten der Zusammenhang zwischen Amalgam und chronischen Krankheiten bewiesen, allerdings war die Vergiftung am Lebenden bisher mit schulmedizinischen Methoden praktisch nicht nachweisbar, da Messungen im Blut oder im Urin keine bedenklichen Quecksilberwerte erbrachten. Erst durch Daunderer ließ sich die Quecksilberbelastung labormäßig eindeutig nachweisen.

Zusammensetzung des Amalgams
Amalgame entstehen durch das Vermischen von Legierungspulver und Quecksilber.
Sie enthalten zu etwa 20% Silber, zu maximal 12% Zinn, zu maximal 15% Kupfer, zu etwa 53% Quecksilber und zu maximal 1% Zink, gelegentlich auch etwas Nickel.
Die Amalgame sind nicht alle gleich zusammengesetzt, so gibt es die Hochsilberamalgame, Niedrigsilberamalgame und Nongamma-2-Amalgame sowie kupferreiche Amalgame.
Die Bestandteile sind im wesentlichen immer die gleichen, lediglich die Konzentrationen sind unterschiedlich.
Die größte toxische Belastung besteht durch Quecksilber im Amalgam, da Quecksilber relativ leicht verdampft und dann über den Respirationstrakt gut resorbiert wird.
Ebenfalls sehr toxisch ist Zinn, welches allerdings nach derzeitigen Erkenntnissen aufgrund der Stabilität des Amalgams wohl eher eine geringere Rolle spielt, obwohl dies noch nicht als sicher gelten kann.
Beim Herstellungsprozeß von Amalgam werden die verschiedenen Bestandteile gut durchmischt. Dieses Verfahren ähnelt einer homöopathischen Potenzierung, was dann zu einer Arzneimittelprüfung durch die Einzelbestandteile führen kann.

Symptome durch eine Quecksilbervergiftung
Da die Zahnplomben nahe an den HNO-ärztlichen Organen liegen, sind HNO-Patienten besonders von den chronischen Vergiftungen betroffen. Bei folgenden Erkrankungen wurde häufig ein Zusammenhang zwischen der Quecksilberbelastung und der Erkrankung gefunden: chronische Tonsillitis, chronische Sinusitis, Rhinosinusitis polyposa, Tinnitus, otogener Schwindel, Stomatitis aphthosa, chronische Pharyngitis, chronische Schnupfenbeschwerden, allgemeine Infektanfälligkeit, Asthma bronchiale, Tetanie, Metallgeschmack im Mund, Hautekzeme und Nierenschäden. Auch Depressionen und andere "psychische" Erkrankungen können durch eine Quecksilberintoxikation hervorgerufen werden. Einerseits können diese Erkrankungen direkt durch toxische Quecksilberbelastung entstehen, andererseits aber auch indirekt über einen durch Quecksilber induzierten Selenmangel auftreten.

Messung der Amalgamintoxikation
Wie schon oben ausgeführt, recht die alleinige Bestimmung von Quecksilber im Blut oder Urin nicht aus. Weiter hilft nur der DMPS-Mobilisationstest nach Daunderer. Zunächst braucht man DMPS, was in der Bundesrepublik Deutschland als Unithiol von der Schüt-zenapotheke in München (Tel 089/ 557661) besorgt werden kann. Eine Packung enthält 10 Ampullen à 250 mg DMPS. 10 Ampullen kosten etwa DM 103,-. Die Ampullen kommen aus St. Petersburg. Derzeit gibt es allerdings wegen der politischen Verhältnisse in Rußland immer wieder Lieferschwierigkeiten. Es muß deshalb oft auf DMPS-Heyl ausgewichen werden, was aber wesentlich teurer ist. Eine Ampulle kostet etwa DM 88,-. Da es sich um einen Komplexbildner handelt, riecht das Präparat stark nach Schwefel. Zunächst wird Spontanurin auf Zink untersucht. Anschließend werden 3 mg pro kg Körpergewicht DMPS langsam i.v. injiziert, bei einem 70 kg schweren Erwachsenen also etwa 1 Ampulle. Nach 30 Minuten wird Urin II auf Quecksilber und Kupfer untersucht, bei Hypertonie zusätzlich auf Blei. Der Urin wird in der Bundesrepublik Deutschland vom Labor Dres. med. Schiwara, Winterfeld, Pfanzelt und Kunz, Straßburger Str. 19 in D-2800 Bremen 1, Tel 0421/ 349640 analysiert. Von diesem Labor kann man auch entsprechendes Versandmaterial erhalten. Inzwischen wird die Untersuchung auch von vielen anderen Labors durchgeführt. Bei Kassenpatienten in Deutschland wird die Untersuchung auf Überweisungsschein abgerechnet. DMPS kann als Sprechstundenbedarf besorgt oder auf den Namen des Patienten rezeptiert werden.

Wirkung von DMPS
DMPS ist ein Schwermetallkomplexbildner, der Schwermetalle in folgender Reihenfolge ausscheidet: Zink, Kupfer, Arsen, Quecksilber, Blei, Eisen, Cadmium, Nickel, Chrom. Die orale Gabe von DMPS (Präparat Dimaval ) ist nicht zu empfehlen, da die Resorption unsicher ist und daher die Ergebnisse schlecht zu interpretieren sind. Außerdem wird bei Dimaval (oral) ein Großteil der Gifte über den Stuhl ausgeschieden, was die Bestimmungen wesentlich erschwert. DMPS ist nur sehr kurz wirksam, daher muß die Urinprobe nach DMPS-Injektion in relativ kurzer Zeit durchgeführt werden. Das Mittel ist kaum toxisch, gelegentlich können kurzfristige Übelkeit oder leichte allergische Symptome auftreten.

Interpretation der Ergebnisse
Die ausgeschiedenen Mengen werden immer auf den Kreatininwert bezogen. Normalerweise liegt die Zinkausscheidung vor DMPS zwischen 140 und 720 g/g Kreatinin, der Kupferwert nach DMPS-Belastung liegt bei > 500 g/g Kreatinin, der Quecksilberwert nach DMPS-Belastung > 50,0 g/g Kreatinin. Ist der Zinkwert sehr hoch, kann unter Umständen das ganze DMPS zur Ausscheidung von Zink verwendet werden, so dass die Kupferwerte und Queck-silberwerte scheinbar im Normbereich sind. Nach eigener Erfahrung sind die Zinkwerte häufig nach Anwendung von Zinkpasten erhöht, auch noch nach Jahren. Bei einer chroni-schen Schwermetallvergiftung bildet sich ein relativ großes Kupferdepot. Unter Umständen kann daher das Kupfer drastisch erhöht sein, und das Quecksilber scheinbar normal, auch in diesem Fall ist der Quecksilberwert falsch negativ. Ein erhöhter Quecksilberwert ist immer pathologisch. Daunderer selbst beschreibt, dass er niemals einen erhöhten Quecksilberwert gefunden hat, wenn die Patienten kein Amalgam haben bzw. hatten, außer natürlich bei andersweitiger Quecksilbervergiftung, z.B. durch Belastung am Arbeitsplatz.
Auch ansonsten schließt ein niedriger Quecksilberwert nach DMPS-Belastung eine Queck-silberintoxikation nicht aus. So kann es z.B. bei multipler Sklerose vorkommen, dass die Quecksilberdepots im Hirn von DMPS nicht erreicht werden, so dass die Depots natürlich auch nicht ausgeschwemmt werden können.

Vorgehen bei nachgewiesener Quecksilberintoxikation
Die Amalgamfüllungen müssen unter Kofferdam und ohne schnelle Turbine entfernt werden. Es sollten für etwa ein Jahr Provisorien eingelegt werden, danach kann die endgültige Versor-gung, z.B. mit Gold, durchgeführt werden. Vier Wochen nach der Entfernung des Amalgams bzw. drei Monate nach der letzten Injektion sollte die Injektion von Unithiol bzw. DMPS-Heyl wiederholt werden, anschließend etwa alle drei Monate, bis sich sämtliche Schwer-metallwerte im Urin normalisiert haben. Nach der Amalgamentfernung sind die Werte meistens noch höher als die Ausgangswerte, anschließend kommt es zu einem allmählichen Abfall. Während der Schwangerschaft sollte die Entfernung unterlassen werden, da bei der Entfernung selbst eine massive Vergiftung auftritt, die das Baby sehr stark belasten kann.
Allzu häufig sind die DMPS-Injektionen nicht durchzuführen, da gleichzeitig der Zinkspiegel gesenkt wird, was ungünstig ist, da Zink zur Infektabwehr und bei verschieden enzymatischen Prozessen notwendig ist. Außerdem ist Zink einer der natürlichen Gegenspieler zum Queck-silber. Ein weiterer Gegenspieler ist Selen, wobei wir alle heutzutage mehr oder weniger unter einem Selenmangel leiden. Früher befand sich ausreichend Selen im Brot, durch die Über-düngung ist dies leider heute nicht mehr so. Bei massiver Quecksilberintoxikation substituiere ich Selen. Am preisgünstigsten ist dabei das homöopathische Mittel Natrium selenicum D3 von der Deutschen Homöopathischen Union. Allerdings wird das Mittel nicht als homöopa-thische Arznei, sondern als stoffliche Arznei zur Substitution verwendet. Drei Tabletten täglich entsprechen dem Selenbedarf eines Tages. Es müssen drei Tabletten auf einmal vor dem Frühstück eingenommen werden.

(...)

Literatur
(1) Abel, J., Brockhaus, A., Ewers U., Gleichmann, E.: Quecksilberexposition und ihre Folgen. Deutsches Ärzteblatt 87 (1990) 3645-3646.
(2) Alsen-Hinrichs, C., Wassermann, O.: Wie risikoreich sind Amalgamfüllungen? Als Toxikologen warnen wir. Therapiewoche 41 (1991) 616-617.
(3) Bolt, H.M., Greim, H., Marquart, H., Neumann, H.G., Oesch, F., Ohnesorge, F.K.: Zur Toxizität von Zahnfüllungen aus Amalgam. Medizinische Klinik 85, 5 (1990) 350-352.
(4) Brühlman-Jecklin, E.: Amalgam-Report. Zytglogge Bern 1990.
(5) Clarkson, T.W.: Mercury - an Element of Mystery. The New England Journal of Medicine 323, 16 (1990) 1137-1139.
(6) Daunderer, M.: Amalgamfüllungen - ein Kunstfehler. Deutsche Zeitschrift für Biologische Zahnmedizin 5 (1989) 159-161.
(7) Daunderer, M.: Amalgamfüllungen - ein Kunstfehler. Biologische Medizin 18 (1989) 587-589.
(8) Daunderer, M.: Amalgam. Klinisch-toxikologische Stoffmonographien, 46. Ergänzungslieferung 9/89, Landsberg/Lech, Ecomed-Verlag 1990.
(9) Daunderer, M.: Handbuch der Umweltgifte. Klinische Umwelttoxikologie für die Praxis. Ecomed-Verlag 1990, Landsberg/Lech.
(10) Daunderer, M.: Der amalgamvergiftete Zahnarzt. Sonderdruck aus: FORUM des Praktischen und Allgemeinarztes 29 (1990) Heft 9.
(11) Friese, K.H.: Amalgam und Homöopathie. Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren 32, 3 (1991) 245-249.
(12) Friese, K.H.: Homöopathie in der HNO-Heilkunde. Stuttgart, Hippokrates-Verlag 1991.
(13) Gasser, F.: Allergische Reaktionen auf Amalgam. Deutsche Zeitschrift für Biologische Zahnmedizin 40 (1988) 4-9.
(14) Hahnemann, S.: Organon der Heilkunst. 6.Aufl. Karl F. Haug, Heidelberg 1989.
(15) Kent, J.T.: Kents Repertorium der homöopathischen Arzneimittel. Band I. Karl F. Haug-Verlag Heidelberg 1991 (517).
(16) Koch, W.H.: Amalgam im Mund. Wie helfe ich mir? Der Gesundheitsberater (1990) 8-13.
(17) Koch, W.H., Weitz, M.: Die verschiedenen Möglichkeiten zur Amalgameliminierung. Therapiewoche 41 (1991) 1669-1672.
(18) Körtgen, A,.: Neue Meßergebnisse disqualifizieren das Amalgam endgültig. Deutsche Zeitschrift für Biologishe Zahnmedizin 6 (1990) 69-70.
(19) Landtag von Baden-Württemberg, 10. Wahlperiode: Amalgam als Zahnfüllung. Drucksache 10/4024 (1990) 1-4.
(20) Lussi, A., Schaffner, M., Suter, P., Hotz, P.: Toxikologie der Amalgame. Schweiz. Monatsschr. Zahnmed. Vol. 99, 1 (1989) 55-58.
(21) Von Mayenburg, J.: Allergie gegen Amalgam. Hautarzt 40 (1989) 536-537.
(22) Moeschlin, S.: Klinik und Therapie von Vergiftungen. Stuttgart 1980.
(23) Ott, D.: Kontrollstelle für Dentallegierungen und Amalgame? Schweiz. Monatsschr. Zahnmed. Vol. 99, 1 (1988) 7.
(24) Perger, F.: Somatopsychische Veränderungen durch Schwermetallbelastungen. Natura-med. 11, 3 (1988) 542-548.
(25) Riethe, P.: Amalgam - Pro und Contra. Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ), Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 1988.
(26) Schaller, H.G., Klaiber, B., Trunk, Th.: Untersuchungen zur Randschlußqualität von Amalgamfüllungen. Dtsch. Zahnärztl. Z. 43 (1988) 854-859.
(27) Schiele, R., Kröncke, A.: Quecksilbermobilisation durch DMPS bei Personen mit und ohne Amalgamfüllungen. Zahnärztliche Mitteilungen, 79, 17 (1989) 1866-1868.
(28) Schrauzer, G.N.: Selen - essentielles Spurenelement und Krebsschutzfaktor. Münchener Medizinische Wochenschrift 127, 29/30 (1985) 731-734.
(29) Schrauzer, G.N.: Quecksilber- Detoxifikation durch Selen: Ein Beitrag zur Lösung des Amalgam-Problems. Deutsche Zeitschrift für Biologische Zahnmedizin 5 (1989) 162-164.
(30) Smrz, P.: Amalgam - ein unnötiger Krankheitsherd. 1. Teil. Deutsche Zeitschrift für Biologische Zahnmedizin 5 (1989) 109-115.
(31) Smrz, P.: Amalgam - ein unnötiger Krankheitsherd. 2. Teil. Deutsche Zeitschrift für Biologische Zahnmedizin 5 (1989) 155-158.
(32) Snapp, K.R., Boyer, D.B., Peterson, L.C., Svare, C.W.: The Contribution of Dental Amalgam to Mercury in Blood. J. Dent. Res. 68, 5 (1989) 780-785.
(33) Sutow, E.J., Jones, D.W., Hall, G.C.: Correlation of Dental Amalgam Crevice Corrosion With Clinical Ratings. J. Dent. Res. 68, 2 (1989) 82-88.

(Referat, gehalten vor dem EAV- Arbeitskreis in Stuttgart am 20. März 1992)

(Anschrift des Verfassers: Dr. med. Karl-Heinz Friese, Hals-Nasen-Ohrenarzt, Allergologie, Homöopathie, Stimm- und Sprachstörungen, Marktplatz 3, 7252 Weil der Stadt).

zurück  zum Seitenanfang
Naturheilkunde Tagesklinik AG - Deutschhausstr. 28 - 35037 Marburg -
Telefon: 0 64 21 - 69 00 74 - Fax: 0 64 21 - 69 00 72
nhk-ag@gmx.de -  Datenschutzerklärung  -  Impressum