Vereins-Newsletter - Ausgabe Nr. 10 II/00
Krebs - des Rätsels Lösung?
von Dr. med. Heinrich Kremer.

Der Autor sieht in Otto Warburgs bahnbrechenden Erkenntnissen über die Zellatmung den Schlüssel zur Heilung des Krebsrätsels. Wir danken Herrn Dr. Kremer und der raum&zeit für die freundliche Genehmigung der Veröffentlichung.

Vor mehr als 70 Jahren analysierte der Biochemiker Prof. Otto Warburg die Zellatmung, die außer in den roten Blutkörperchen rund 90% der molekularen Energieträger in den menschlichen Zellen produziert. Die Atmungskette nutzt den molekularen Sauerstoff, um die durch Photonenenergie angeregten, energiereichen Elektronen durch den Abbau der Makronährstoffe (Zucker, Fette, Eiweiße) auf die universelle Energiewährung der Zelle, das Molekül Adenosintriphosphat (ATP), zu übertragen.

Für die Analyse der Komplexe der Atmungskette, welche für die geregelten Elektronenflüsse und Wasserstoffionengefälle in Form hintereinandergeschalteter sog. Redox-Systeme verantwortlich sind, erhielt Prof. Warburg Anfang der 30er Jahre den ersten Nobelpreis, dem die zweite Nobelpreisverleihung in den 40er Jahren folgte. Warburg hatte als weitere herausragende Leistung erkannt, daß die Energieproduktion der Krebszelle von der intakten Atmungskette abgekoppelt ist und durch Gärungsabbau der Glukose außerhalb der Atmungskette gewährleistet wird. Prof. Warburg entwickelte in der Folgezeit Ideen, mit welchen Mikronährstoffen der Entstehung und Fortentwicklung der Krebszelle vorgebeugt werden könne.

1966 jedoch, beim alljährlichen Treffen der Nobelpreisträger in Lindau am Bodensee, kam es zu einer denkwürdigen Begegnung zwischen Warburg und den führenden Krebsforschern der jüngeren Generation, insbesondere aus den USA. Letztere, Nobelpreisträger und Autoritäten wie Warburg, aber in der Regel Medizinprofessoren, waren fasziniert von der Entdeckung des genetischen Code seit Anfang der 50er Jahre und glaubten enthusiastisch, durch die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts in den Genen auch die Schalter für die Krebsgenese finden zu können. Warburg hielten sie entgegen, er habe neuentdeckte Gensequenzen übersehen, die endogene "Retroviren" genannt wurden, die offensichtlich Erbgutveränderungen in Gang setzen könnten, welche letztendlich die Transformation von ausdifferenzierten Zellen zu Tumorzellen bewirken könnten. Diese "Mutationstheorie" dominiert die Krebsforschung bis heute. Als 1970 amerikanische Laborforscher mit indirekten Nachweismethoden ein Enzym identifiziert zu haben glaubten, das die Botensubstanz RNA der Retroviren in die DNA-Form der Erbsubstanz des menschlichen Genoms umschreiben sollte, wurde der euphorische Wissenschaftsglaube genährt, innerhalb eines Jahrzehnts das Krebsrätsel mit molekulargenetischen Labormethoden lösen zu können. Präsident Nixon beschwor 1971 das Manhattan-Projekt zum Bau der amerikanischen Atombombe und das Apollo-Projekt zu ersten Mondlandung, als er den "Krieg gegen den Krebs" ausrief und die Retrovirus-Krebs-Laborforschung mit nahezu unbegrenzten Forschungsmitteln ausstatten ließ.

Der bis dahin beispiellose Kapitaleinsatz in der Krebsforschung in High-Tech-Labors und Forschungskliniken hat eine nicht mehr zu überschauende Detailfülle an Laborwissen und klinischen Daten erbracht. Aber die militant geschürte Euphorie der heroischen Kämpfer an der Krebsfront findet nur noch in den Medien statt. Nach der Verstümmelung, Verstrahlung und Vergiftung einer ganzen Generation im "30jährigen-Krieg-gegen-Krebs" haben die Experten der amerikanischen Gesundheitsbehörden erklärt, der "Krieg gegen Krebs wurde nicht gewonnen".

Einer von zehn Bundesbürgern ist zur Zeit mit der Diagnose Krebs konfrontiert, jeder Dritte wird im Laufe seines Lebens an Krebs erkranken, jeder Vierte wird an Krebs sterben. Allein 43.000 Bundesbürgerinnen werden im Jahre 1998 an Brustkrebs erkranken, 18.000 Frauen werden in diesem Jahre an Brustkrebs versterben (das sind 20mal so viel Patientinnen wie im selben Jahr insgesamt Patienten an "AIDS" sterben werden). In der umfassendsten klinischen Studie mit Tamoxifen, einem Kunsthormon zur Vorbeugung gegen Brustkrebs, hatte sich die Wahrscheinlichkeit einer Brustkrebserkrankung um 45% vermindert. Die Medien berichteten kürzlich euphorisch. Was in den meisten Berichten verschwiegen wurde: In der Gruppe der mit Tamoxifen Behandelten hatte sich gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit, an Krebs der Gebärmutterschleimhaut zu erkranken, um 135% und die Wahrscheinlichkeit der Bildung von lebensgefährlichen Blutgerinnseln drastisch erhöht.
Die Tamoxifen-Studie gilt als so erfolgreich, daß die Studie vorzeitig abgebrochen wurde, damit Tamoxifen allen "Risikopatientinnen" zur Vorbeugung gegen Brustkrebs angeboten werden kann, obwohl viele Experten der Überzeugung sind, daß das Kunsthormon unkalkulierbare Langzeitrisiken in sich birgt. Das "Erfolgsmodell" Tamoxifen wirft ein Schlaglicht auf die unausbleibliche Folge der riesigen Kapitalinvestitionen, nämlich die Verquickung von Marketing, Medien und Molekulargenetischer Medizin.

Die Manipulation am Erbgut des Menschen hat bisher das "Rätsel Krebs" nicht lösen können. Die Bioenergetische Krebsforschung dagegen hat in Fortsetzung der bahnbrechenden Arbeiten von Otto Warburg und im Schatten der übermächtigen Molekulargenetischen Medizin erstaunliche Befunde erhoben. Der uralte Richtungsstreit zwischen Vitalismus und Mechanismus, zwischen dem Vorrang der Energieflüsse als primäre Grundbedingung des Lebendigen und den molekularen Ordnungsmustern als sekundäre Phänomene, scheint neu belebt worden zu sein. Am Beginn des Jahrhunderts litt jeder achte Einwohner an Krebs, am Ende des Jahrhunderts jeder dritte. Bei Naturvölkern ist Krebs eine ausgesprochene Rarität. Die Zunahme der Krebshäufigkeit ist keineswegs, wie oft behauptet wird, überwiegend durch die höhere Lebenserwartung bedingt, beispielsweise nimmt das Auftreten von Krebsformen bei Kindern in der westlichen Welt jährlich um 1% zu. Was also ist die entscheidende Veränderung der Grundbedingungen des Lebens im Verhältnis zwischen der mikroökologischen Schnittstelle des menschlichen Organismus und der Makroökologie der Biosphäre, die zu erhöhten Krebsraten führt? Hat die dominierende, kapitalintensiv erforschte Mutationstheorie der Krebsgenese, die aggressive Bekämpfungsstrategien provoziert hat, die moderne Medizin in die Sackgasse geführt?

Die jüngsten Befunde der Bioenergenetischen Grundlagenforschung sprechen dafür: In den 60er Jahren wurde elektronenmikroskopisch nachgewiesen, daß es sich bei den abgrenzbaren Zellstrukturen, in denen sich die Zellatmung und 90% der Energieproduktion abspielt, um ehemalige Bakterien handelt. In der ersten Halbzeit der fast 4 Milliarden Jahre währenden Evolution existierten nur Einzeller ohne Zellkern, es dominierten vor allem die Zyanobakterien, welche die biophysikalische Photonenenergie des Sonnenlichtes in biochemische Lebensenergie umwandelten. Abfallprodukt war der molekulare Sauerstoff in ungeheuren Mengen. Folge war eine globale Umweltkatastrophe infolge der giftigen O2-Konzentration. Einzelne Einzeller, als Aerobier bezeichnet, lernten das Umweltgift als neue Energiequelle zu nutzen. Die Energieausbeute stieg dabei um das 15-30fache. Diese überlebenstüchtigen aeroben Spezialisten, heute Mitochondrien genannt, wurden von Anaerobiern (Einzellern ohne Sauerstoffatmung, die zuvor ihr Erbgut durch die Bildung eines Zellkerns gegen den Sauerstoff und seine giftigen Sauerstoffradikale geschützt hatten) einverleibt. Es bildete sich die Lebensgemeinschaft, eine sog. Endosymbiose, die bis heute die vitale Grundvoraussetzung für mehrzellige Lebewesen einschließlich des Menschen geblieben ist.

Die Aerobier, einige hundert beispielsweise in den Leber-, Muskel- und Nervenzellen des Menschen, teilen sich unabhängig vom Zellteilungszyklus der übrigen Zelle. Sie haben ein eigenes Resterbgut behalten und werden nur von der Mutter auf die Kinder vererbt. Entscheidend ist, daß die leistungsstarke Energieproduktion der Aerobier in bestimmten Zeiten der besonders intensiven Zellteilung und Zelldifferenzierung abgeschaltet wird und auf die fermentative Glukosespaltung zur Energiegewinnung umgeschaltet wird. Dieser Vorgang heißt Glykolyse und führt zur ATP-Produktion ohne Mitwirkung des molekularen O2 außerhalb der Mitochondrien.

Die bioenergetische Forschung hat nun jüngst nachgewiesen, daß während der embryonalen und fötalen Entwicklung des Menschen die nötige Energie für Zellaufbau und Zelldifferenzierung durch Glykolyse bereitgestellt wird und buchstäblich mit dem ersten Atemzug des Neugeborenen innerhalb der ersten Stunde des Lebens außerhalb des Mutterleibes wird die O2-abhängige Energieproduktion des Bioreaktors der Mitochondrien eingeschaltet. Ähnliche Erkenntnisse liegen jetzt für die Phase der späten Zellteilung vor. Vermutlich zum Schutz vor Schädigung durch Sauerstoffradikale schaltet in dieser sensiblen Phase die Zelle wieder auf Glykolyse um und schaltet vorübergehend die oxidative Energieproduktion der Mitochondrien ab.

Auch über den Steuerungsmechanismus dieses phasengekoppelten Wechselrhythmus liegen Erkenntnisse vor. Die Rückkopplung zwischen der Energieproduktion des anaeroben Endosymbionten und des aeroben Endosymbionten geschieht durch die Aktivität der Mitochondrien, die Enzyme der Glykolyse werden über eine komplexe Kettenreaktion durch die Stoffwechselprodukte des molekularen O2-Umsatzes gehemmt. Sinkt der O2-Umsatz unter einen kritischen Wert, wird die oxidative ATP-Produktion abgeschaltet und auf Glykolyse umgeschaltet (parasympathische, anabole Phase). Steigt der O2-Umsatz wieder über den Mindestwert, kehrt sich der Vorgang um, die Glykolyse wird wieder abgeschaltet.

Das berühmte "Warburg-Phänomen", nämlich der Gärungsstoffwechsel der Krebszellen, von Prof. Warburg als "aerobe Glykolyse" bezeichnet, nämlich die dauerhafte Umschaltung auf Energiegewinnung durch Glykolyse bei zunächst intakten Mitochondrien, ist nichts anderes als die Transformation bestimmter Zellen infolge dauerhaften O2-Mangel-Streß. Es handelt sich also um eine Rückbildung oder Regression in das embryonale Zellstadium, die Wechselschaltung des Biorhythmus zwischen den Leistungsphasen des anaeroben und aeroben Endosymbionten ist blockiert. Die komplette Transformation zur überlebensfähigen und durchsetzungsfähigen Tumorzelle setzt jedoch voraus, daß alle biologischen Uhren im intrazellulären und extrazellulären Zusammenspiel synchron verstellt werden. Beispielsweise bedarf die Krebszelle einer erhöhten Glukose-Anflutung und Ladungsumkehr mit gesteigertem Kaliumeinstrom, wie bei den Embryonalzellen. Zu diesem Zweck pumpen Embryonal- wie Krebszellen die sauren Wasserstoffionen, die aus der vermehrten Laktatbildung stammen, effizient aus der Zelle heraus und bauen die extrazelluläre Grundsubstanz durch Übersäuerung zur optimalen Ernährung der Zelle und für den nötigen Ionen-Ein- und -Ausstrom um. Alle diese komplexen Umstellungen sind nicht denkbar als "Entartung" zur Krebszelle durch Zufallsmutationen im Sinne der dominierenden Mutationstheorie der Krebsgenese. Viel plausibler ist aufgrund der vorliegenden bioenergenetischen Befunde die Annahme, daß auf ein evolutionsbiologisch konserviertes Programm umgeschaltet wird, und der anaerobe Leistungspartner auf Kosten des Gesamtorganismus die Regie übernimmt, wenn der Zelle signalisiert wird, daß sie sich wie in archaischen Zeiten in einem sauerstoffarmen oder sauerstofffreien Milieu befindet.

Dieses Erklärungsmodell erübrigt die "Dämonisierung" des Krebsgeschehens und bestätigt die Verfahren der biologischen Regulationsmedizin als sinnvoll.
Erkenntnisleitend ist das evolutionsbiologische Grundgesetz, daß Organismen umso elektronenreicher sein müssen, umso komplexer ihre Stoffwechselleistungen sind. Entscheidend ist also das Maß an Reduktionskraft, der Transfer der Elektronenflüsse und Protonengradienten. Gestört wird beispielsweise der Transport des molekularen Sauerstoffs durch Oxidation des reduzierten Eisens im roten Blutfarbstoff infolge der Einwirkung starker Oxidationsgifte wie Sulfonamide und andere Antibiotika und Medikamente, Nitrite und zahllose cancerogene Nahrungs- und Umweltgifte. Die Folge ist auch eine Störung der hintereinandergeschalteten Redox-Systeme in der Atmungskette der Mitochondrien und eine chronische Minderung des O2-Umsatzes mit der Gefahr der dauerhaft wirkenden Umschaltung auf den glykolytischen Stoffwechsel.

Wesentlicher Störfaktor kann aber auch der Verlust der "Fluidität" der Membranen der Zellen und Zellorganellen durch Mangel an essentiellen ungesättigten Fettsäuren in den industriell gefertigten, aus Gründen der Massentransporte und Lagerfähigkeit oxidativ denaturierten und an Mikronährstoffen verarmten Nahrungsmittel sein. Auch diese Tatsache kann viel plausibler als die Mutationstheorie den Umstand erklären, daß rund 80% der Karzinome beim Menschen sich in den oberflächennahen, gut durchbluteten Epithel- und Drüsenepithelgeweben entwickeln. Aber auch die bisher unerklärte Tatsache beispielsweise, daß Krebs der unreifen Nervenzellen im Kindesalter, genannt Neuroblastome, eine relativ gute Rückbildungschance aufweist, kann als Rückschaltung der Glykolyse auf oxidative Energieproduktion in den Mitochondrien der Kinder verstanden werden. Ebenfalls das neuerdings vieldiskutierte Phänomen der seltenen, aber existierenden Spontanheilung kann als sympathikotoner Trainingseffekt zur Überwindung der "vagotonen Erstarrung" (Pischinger-Heine) gedeutet werden.

Die Umsetzung der neueren Erkenntnisse der Bioenergetischen Krebsforschung in erfolgversprechende Prävention und Behandlung setzt allerdings die Beendigung des "Krieges gegen Krebs" und die existentielle Versöhnung des Menschen als Teilhaber der vernetzten Biosphäre mit den weisen Synergieeffekten der Evolution voraus.

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