Zeitschrift für Phytotherapie - Ausgabe 04/2000 |
Editorial
Mistelzubereitungen werden seit langem in der Onkologie eingesetzt. Hier gibt es allerdings unterschiedliche Ansätze, die auch häufig zum Gegenstand von Kritik geworden sind. Auf der einen Seite steht der Einsatz der Mistel seit einem dreiviertel Jahrhundert in der anthroposo- phischen Therapierichtung mit ihren von der Kommission C monographierten Indikationen gut- und bösartiger Geschwulsterkrankungen sowie definierter Präkanzerosen und Vorbeugung gegen Geschwulstrezidive, auf der anderen Seite die Anwendung von in neuerer Zeit auf Mistellektin standardisierten Extrakten in der Phytotherapie. Dieser Indikation hat die Monographie der Kommission E mit den Anwendungsgebieten »zur Palliativtherapie im Sinne einer unspezifischen Reiztherapie bei malignen Tumoren« neben einem Einsatz bei bestimmten Ausprägungen im rheumatischen Formenkreis Rechnung getragen. Während zuvor die Erkenntnisse vorwiegend auf empirischem Wissen beruhten, sind in den letzten fünfzehn Jahren bedeutende Forschungsarbeiten geleistet worden, von denen die Isolierung und die experimentelle Untersuchung des Mistellektin-1 einen Meilenstein darstellte, gefolgt von einer Reihe Anwendungsbeobachtungen und klinischen Studien, die jedoch häufig aufgrund kleiner Patientenzahlen in die Kritik gerieten. Schließlich kommt hinzu, dass gerade bei der Mistel, einer auf verschiedenen Bäumen parasitierenden Pflanze, das Ausgangsmaterial nicht nur durch die Pflanze selbst, sondern auch durch den Wirtsbaum zu definieren ist, ganz abgesehen von der Standardisierung und Normierung der betreffenden Extrakte. Neue klinische Arbeiten insbesondere zur Verbesserung der Lebensqualität unter einer Misteltherapie können die Argumentationslage für den Einsatz von Mistelzubereitungen deutlich verbessern. Dies wurde auf einem Symposium der Kooperation Phytopharmaka mit drei ausgewiesenen klinischen Experten vor kurzem in Bonn deutlich. Die Durchführung weiterer Studien, die das Potential der Mistel zur Beeinflussung der Lebensqualität bei verschiedenen Tumorarten aufzeigen können, wäre hier sicher ein wichtiges Ziel für die Zukunft. Aber auch das psychologische Moment ist bei einer Therapie mit Mistel-Extrakten nicht unberücksichtigt zu lassen. Es geht hierbei um den Patienten, der sich in seiner subjektiven Bedrohung aus eigener Kraft wehren und die Rolle des passiven Opfers verlassen will. Der Ansatz ist dabei die Rolle des Patienten in seiner Krankheit nicht die Krankheit selbst und sein Wille zur Selbstabwehr und Selbsthilfe, bei der eine vom Patienten selbst gewünschte und gewollte Misteltherapie kein Therapeutikum zur Tumorheilung darstellt, sondern ein Hilfsmittel in seiner Krankheit ist und dabei den Einsatz der Mistel als Alternative innerhalb der Schulmedizin rechtfertigt. Gleich ob der positive Effekt einer Misteltherapie mehr
durch den psychologischen salutogene- tischen Aspekt beim Patienten selbst oder durch die
erfolgversprechenden Ergebnisse klinischer Studien mit auf Mistellektin-1 normiertem
Extrakt zustande kommt, muss festgehalten werden, dass die Misteltherapie, die als
»komplementäre« Therapie sicher keine Alternative zur onkologischen Standardtherapie
darstellt, aufgrund der heutigen und möglicherweise auch neuerer zukünftiger
Erkenntnisse Anlass zu Optimismus in ihrer Anwendung in der Phytotherapie gibt. Barbara Steinhoff, Bonn 183 Panorama Kongresse, Weiterbildung 187 Industrie 218 Originalarbeiten Ingwer: Gewürz- und vielseitige Arzneipflanze Aus der Apotheke Forum 211 Portrait einer Arzneipflanze Impressum |
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