Krebsentstehung und Selbstregulation

Die Untersuchungen von Grossarth-Maticek als Schlüssel zur Rolle der Psyche in der Krebsentstehung und - therapie

Unter den naturheilkundlich tätigen Ärzten wird der Erfahrung, daß Krebspatienten nicht selten auffallende psychische Belastungen und besondere Streßsituationen berichten, eine größere Beachtung geschenkt. Es fehlt jedoch oft an Vorstellungen ob und in welcher Form sich diese Erkenntnis für den Behandlungsprozeß nutzbar machen läßt.
In der Schulmedizin gelangte man seit den 70er Jahren zu einer Reihe von medizinpsychologisch gesicherten Erkenntnissen über Zusammenhänge zwischen Krebsentstehung und psychischen Gegebenheiten. So wurden Persönlichkeitsmerkmale erhoben, damit jedoch ein rein deskriptives Bild dessen, was man vorfinden konnte. Man fand eine andauernde Gefühlsblockade, chronische Depressivität und Subdepressivität, Selbstüberforderung, gelernte Hilflosigkeit und ähnliches. Dieses Bild wurde zum Begriff der Krebspersönlichkeit zusammengefaßt. Krebs"persönlichkeiten" schienen vor dem Hintergrund der theoretischen Betrachtungen und der gravierenden psychischen Beeinträchtigungen kaum Zugang zu erfolgversprechenden psychotherapeutischen Interventionsmethoden zu haben, wobei ein wesentlicher Faktor die Zeit darstellt, in der sich der psychotherapeutische Prozeß, sowohl in der psychoanalytischen oder tiefenpsychologisch fundierten Therapie als auch in der Verhaltenstherapie abspielt. In Anbetracht der schlechten Prognose für viele Krebsarten spätestens mit dem Auftreten von Metastasen schien jeder Versuch einer konstruktiven Änderung der Situation des Patienten zum Scheitern verurteilt zu sein.
Daher lag das Augenmerk eines psychologisch-psychotherapeutischen Vorgehens auf der Stützung der Patienten beim Auftreten starker emotionaler Reaktionen auf die Bekanntgabe der Diagnose sowie in der Unterstützung von Begegnungen mit wichtigen Menschen, nicht zuletzt um einen Abschied zu ermöglichen. Die Behandlung beschränkte sich damit auf rein palliativ-therapeutische Maßnahmen.
 
Eine Betrachtung der Mitbeteiligung des Patienten an der Entstehung der Krankheit, die Auffassung des Verhaltens als selbstschädigend und als selbst-beschädigt, hat dagegen zentrale Konsequenzen für eine möglicherweise radikale Lebensumstellung der Patienten, die in einem weitaus stärkeren Maße als bisher zugestanden, die Heilungsrate auch bei Krebspatienten verbessern kann. Dies nachzuweisen gelang dem Arzt Grossarth-Maticek in sehr umfangreichen und sorgfältig durchgeführten Untersuchungen, die hinsichtlich des Umfangs der Stichprobe und der statistischen Auswertungen in der Medizin ihresgleichen suchen.
Ausgehend von Erkenntnissen der Psychoneuroimmunologie, nach denen psychische Belastungen (Stress) die Immunreaktion beeinflussen und diese über Neurotransmitter direkten Einfluß auf das Nervensystem und damit auf die Steuerung von vegetativen Funktionen haben wie auch umgekehrt, versuchten die Autoren, den Nachweis dieses Zusammenhangs auch für die Krebsentstehung zu erbringen und darüber hinaus Ansatzpunkte für eine gezielte Verbesserung der psychischen Situation abzuleiten. Sie berücksichtigten systemtheoretische Überlegungen, nach denen psychologische, immunologische und erbliche Belastungsfaktoren nicht unabhängig voneinander wirken, sondern in Wechselwirkung treten müssen, damit das Krebsgeschehen ausgelöst wird und sich ungehindert fortsetzen kann.
Umfassend und mit großer Sorgfalt durchgeführte statistische Untersuchungen
Da die Sorgfalt des Vorgehens der Forscher maßgeblich ist für die Stichhaltigkeit ihrer Ergebnisse, soll hier das methodische Vorgehen skizziert werden:
Es handelt sich um eine prospektive Interventionsstudie, d.h. es wurde zunächst eine große Zufallsstichprobe aus der Bevölkerung ausgewählt (inzwischen sind über 33.000 Personen untersucht worden). Zu Beginn der Untersuchung in 1973 und in regelmäßigen Abständen danach wurden dieselben freiwillig teilnehmenden Personen in einem Interview zu Risikofaktoren, Streßbelastung sowie zu erblicher Vorbelastung (Krebserkrankung in der unmittelbaren Verwandtschaft) und zu gesundheitsförderndem Verhalten befragt. Traten im Verlauf der folgenden Jahre bei Personen der Stichprobe Krebserkrankungen auf, so wurde diese Teilstichprobe hinsichtlich ihrer zu Untersuchungsbeginn bzw. in der vorangegangenen Zeit erhobenen Daten mit nicht-Erkrankten verglichen. In einer zweiten Phase des Vorgehens wurde mit einem Teil der erkrankten Patienten ein Autonomietraining (s.u.)durchgeführt, das in Zusammenarbeit mit dem Psychotherapeuten Helm Stierlin entwickelt worden Die Überlebens- bzw. Heilungsrate wurde mit der einer Gruppe nicht-Behandelter (genauer: nur konventionell schulmedizinisch behandelter) Patienten verglichen. Die hier zwischen erster und letzter Datenerhebung liegenden Zeiträume umfassen bis zu 25 Jahre und mehr.
 
Regulation im Organismus und psychische Selbstregulation Die Untersucher fassen den Menschen als Ganzes, insbesondere das psychische "Selbst" als System auf bestehend aus psychischen und organismischen Subsystemen die auf verschiedenen Ebenen miteinander in Wechselwirkung stehen. Da ein System mehr ist als die Summe seiner Teile und im Vergleich zu diesen völlig neue Eigenschaften haben kann, sollten die Ergebnisse der allgemeine Systemtheorie, der Informations- und Kommunikationstheorie und der Kybernetik auf das Zusammenwirken von psychischem Selbst und organismischen Teilsystemen anwendbar sein. Zur Übertragung dieser Denkmodelle auf medizinische Fragestellungen siehe auch Hanzl (1995).
Das Selbst wird nun von einem Begriff der philosophischen Betrachtung zu einem Begriff, der in systemtheoretischen Termini verständlich ist:
Eine Vielzahl von physiologischen Funktionen wird ständig innerhalb sehr enger Grenzen konstant gehalten bzw. einem charakteristischen Zeitverlauf angepaßt (Homöostase). Mit Hilfe von Prozessen negativer Rückkopplung wird die Einregelung auf eingegrenzte Systemzustände erreicht. Ein Versagen bestimmter Regelstrecken (vgl. auch Hanzl, 1995) sowie gelegentlich auftretende positive Rückkopplungsprozesse "werfen" bestimmte Größen "aus der Bahn", es kommt zu Fehlfunktionen, die in der Regel ihrerseits wieder Stressoren für weitere Regelmechanismen bilden. Diese werden wiederum im Selbst als Unglück, Trauer, Schmerz, unerfüllte Sehnsucht bewußt erlebt. Hier sei angemerkt, daß nach denselben Mechanismen auch erwünschte Folgen eintreten können, wie z.B. die plötzliche Einsicht in die eigenen Handlungen wie auch die Wirksamkeit des eigenen Verhaltens. Das Selbst ist einerseits als übergeordnetes System zu verstehen, das durch Bewertungen, Einschätzungen, Gefühle, durch Denken und Handeln immer wieder Bedingungen herbeiführt, unter denen der Körper in der Lage ist, optimal sich selbst zu regulieren. Andererseits steht es selbst als Subsystem in einem sozialen Kontext. Das Selbst ist vergleichbar einem inneren Parlament: Man muss es sich zusammengesetzt vorstellen aus einzelnen Parteien, die recht unterschiedliche Interessen vertreten und darüber zueinander in Konflikt geraten können. Das Selbst hat die Aufgabe, zwischen den (Konflikt-) Parteien zu einem Ausgleich (Lösungen und Kompromisse) zu finden. Der biopsychosoziale Zustand eines Menschen spiegelt sich darin, wie gut dieser Ausgleich erreicht wird. Im Extremfall kommt es zur kompletten Dissoziierung und Abspaltung von Strebungen, was sich in Form von Störungen der Gesundheit, des Verhaltens und des Erlebens zeigt.
Eine gelungene autonome Daseinsweise führt wiederum über Rückkopplungsprozesse zu Wohlbefinden, Zufriedenheit und neuer Energie.
 
Damit das Selbst diese Aufgabe in genügendem Maße wahrnehmen kann, muß es sich im Verlaufe der Individuation vom Kind zum Erwachsenen ohne gravierende Störungen entwickelt haben können. Eine gelungene Individuation resultiert in folgendem:
  1. Ich vermag mich als jemanden zu erleben, der/die sich über alle Wechselfälle der Entwicklung hinweg seine/ihre innere innere Organisation bewahrt und sich das Gefühl beziehungsweise Bewusstsein einer sich gleichbleibenden Identität und Integrität erhält.
  2. Ich vermag mich als Individuum von anderen Individuen abzugrenzen. D.h.: ich erlebe meine Bedürfnisse, meine Gefühle, meine Phantasien, meine Ideen, meine Träume, meine Erwartungen, meinen Körper als mir zugehörig und unterschieden von den Bedürfnissen, Gefühlen, Phantasien, Ideen, Träumen und Körpern anderer, insbesondere für mich wichtiger anderer wie meiner Familienangehörigen, Partner und Freunde.
  3. Ich erlebe mich als ein Subjekt, das zu Intersubjektivität mit anderen Menschen bereit ist, das daher sowohl Bedeutungen zu vermitteln als auch solche von anderen aufzunehmen vermag.
  4. Im Rahmen solcher Intersubjektivität erlebe ich mich als jemanden, der eigene Ziele und Werte zu definieren und, falls nötig, auch gegen wichtige andere durchzusetzen weiß und sich dazu berechtigt fühlt.
  5. Ich erlebe mich als Zentrum eigener Initiative und Täterschaft, erlebe mich als lebendiges Kraftzentrum, erlebe mich als Autor meiner Geschichte, erlebe mich dabei autonom und frei, aber auch verantwortlich für das, was ich denke, tue, anrichte, verfasse. Das schließt unter Umständen auch Verantwortung für von mir gezeigte Symptome ein.
  6. Ich mache mir widerstreitende Bestrebungen und Bedürfnisse zu eigen, ich setze mich meinen inneren Konflikten aus, ertrage die Spannung der Ambivalenz oder eben auch Polyvalenz.
  7. Ich bleibe mir bewusst, dass meine Individuation auf vielfachen Abhängigkeiten beruht, ja aus diesen hervorgeht. Um mich individuieren zu können, bleibe ich abhängig von einem funktionierenden Körper, insbesondere einem funktionierenden Gehirn und Nervensystem, von adäquater Nahrung, von sauberer Luft, einem intakten Ökosystem und nicht zuletzt von anderen Menschen und von sozialen, ökonomischen und rechtstaatlichen Verhältnissen, wie sie in einem demokratischen Gemeinwesen gegeben sind. Zwei typische zwischenmenschliche Szenarien sind für die Störung eines fortschreitenden und altersangemessenen Individuationsprozesses von herausragender Bedeutung:
    1. Bindungsmodus (im Sinne einer verstrickenden Bindung)
    2. Ausstoßungsmodus (es fehlt an einer emotional nährenden sowie Sinn und Geborgenheit stiftenden Bezogenheit)
Die Unfähigkeit, sich selbst als autonom zu erleben ist oft verknüpft mit großer Abhängigkeit von äußeren Objekten wie anderen Menschen oder ganz bestimmten Verhältnissen Abhängigkeit von bestimmten Gedanken und inneren Monologen und Dialogen mit selbstbewertendem, insbesondere selbstabwertendem Charakter.
 
Individuelle Vorerfahrungen, Erwartungen, handlungsanleitende Grundannahmen, individuelle körperliche Dispositionen und kollektiv aufrechterhaltene Beziehungsmuster und -regeln können bei Vorliegen einer verstrickenden Bindung so zusammenwirken, dass binnen kürzester Zeit eine biopsychosoziale Notlage entsteht.
 
Zwei Grundformen gestörter Selbstregulation lassen sich sehr häufig finden:
  1. Hemmung
    • Wichtige Bedürfnisse bleiben unbefriedigt.
    • Antriebssysteme bleiben gelähmt, insbesondere der Antrieb zu Schaffung und Erhalt eines Eigenbereichs
  2. Es manifestieren sich verschiedene Diagnosekriterien der Depression:
    • Apathie, Hoffnungslosigkeit, Resignation, (oft nicht gezeigter) Wunsch lieber tot zu sein. Immer wieder frustrierte passive Erwartungshaltung.
    • Zwang zum Harmonisieren. Eigene Bedürftigkeit und Enttäuschung wird nicht gezeigt.
    • Rational-antiemotionales Verhalten. Gefühle werden nicht als handlungseinleitend berücksichtigt und auch nicht ausgedrückt. Statt dessen permanent der Versuch, immer vernünftig zu handeln.
    • Der Eindruck von Hypochondrie oder Hysterie wird ängstlich vermieden.
    • Ausübung übertriebener Härte gegenüber sich selbst. Man gönnt sich keine Erholung, und sei sie noch so verdient und angebracht.
  1. Hilflose Erregung

  2. Antriebe, die der Durchsetzung vitaler Bedürfnisse dienen sollen, bleiben ziellos und dauerhaft aktiviert. Es kommt zu energetischen Ausbrüchen, die aber eine gezielte Befriedigung der unerfüllten Bedürfnisse verhindern, nämlich nach Entspannung, Regeneration, innerem Gleichgewicht, Frieden mit sich selbst und anderen.
    Hemmung und hilflose Erregung wechselseitig zueinander in Beziehung stehen und auch aus einander hervorgehen.
Eine erfolgreiche Selbstregulation zeigt sich in den folgenden Punkten:
  1. Überlebenswichtige Bedürfnisse werden zum Ausdruck gebracht und befriedigt.
  2. Überlebenswichtige Antriebe werden aktiviert.
  3. Man achtet auf seine Gesundheit.
  4. Man stimmt sich auf biologische und soziale Rhythmen ein.
Eine schlechte Selbstregulation bringt weitere Risikofaktoren mit sich wie z.B. erhöhten Alkohol- oder Zigarettenkonsum, Bewegungsmangel, Übergewicht, Bluthochdruck und Fehlernährung.
 
Mittels des an einer großen Zahl von Personen erhobenen selbst auszufüllenden "Fragebogens zur Selbstregulation" konnten Grossarth-Maticek und Helm Stierlin faktorenanalytisch 6 Typen unterscheiden, von denen Typ I (Arrangement mit der hemmenden Situation) die höchste Krebs- und Typ II (hilflose Übererregung und ineffektiver Protest) die höchste Herzinfarkterkrankungsrate aufwies. Der Typ IV (hohes Maß an innerer Autonomie und Selbstregulation) hatte die höchste Überlebensrate. Die 6 Typen repräsentierten sechs unterschiedliche Formen mehr oder weniger gelingender oder misslingender Selbstregulation. Zur detaillierten Beschreibung der Typen siehe Grossarth-Maticek und Helm Stierlin (2000, S. 61).
 
Stress
Um die Rolle von Stress zu verstehen, ist zu beachten, daß eine maßvolle Auslenkung aus bestimmten Gleichgewichtszuständen als lustvoll und angenehm erlebt wird. Erst wenn die adaptive Reaktion ausbleibt und der entspannte Gleichgewichtszustand nicht hergestellt werden kann, wird Stress als unlustbetont erlebt (Dysstress). Stierlin übernimmt das kognitive Modell der Stressentstehung von Lazarus, nach dem die kognitive Bewertung der Situation, d.h. der erlebten Bedrohung einerseits und der als zur Verfügung stehend wahrgenommenen Bewältigungsmöglichkeiten andererseits über die Wirkung einer Belastung als Stress entscheiden. Damit ist Stress aufs engste mit der erlebten Selbstregulationsfähigkeit verknüpft. So weist Stierlin beispielsweise daraufhin, dass sogar die Diagnose Krebs nicht zwangsläufig als Hiobsbotschaft erlebt werden muss, sondern von manchen Patienten als befreiend erlebt wird im Sinne einer endlich eingetretenen Rechtfertigung dafür, eine als Knechtschaft erlebte Lebensweise aufgeben zu dürfen. Daher wurden für die Auswertung sowohl Stressbelastung als auch die Selbstregulationsfähigkeit berücksichtigt.
 
Risikofaktoren
Untersuchte Personen wiesen entweder keinen, einen oder eine Kombination von zwei und bis fünf Risikofaktoren auf. Für die Unterteilung in Gruppen mußte ein Risikofaktor stark ausgeprägt sein, um als solcher in der Studie berücksicht werden zu können. Fragen der Dosis (z.B. Verwandtschaftsgrad von an Krebs betroffenen Angehörigen, wieviele Zigaretten geraucht wurden etc.) wurden zwar mit bedacht, aber nicht einbezogen.Im wesentlichen gelangten die Autoren zu 5 Gruppen von Risikofaktoren:
  1. Erbliche Belastung (Auf diesen Faktor kommt man, indem man in der Verwandtschaft nach dem Vorhandensein einer bestimmten Krankheit oder Todesfällen aufgrund derselben schaut.
  2. Fortgeschrittenes Lebensalter. Abnahme der Immunresistenz und allgemein mit dem Altersabbau einhergehende Abnahme der Fähigkeit des Körpers zur Selbstregulation.
  3. Organvorschädigung (z.B. Hautschädigung durch intensive Sonneneinstrahlung; chronische Bronchitis; chronische Gastritis; zirrhotische Leberschädigung)
  4. Karzinogene (unterschiedlichste Schad- und Reizstoffe, wie sie u.a. in Genuss- bzw. Suchtmitteln vorkommen, Nitrosamine, Teerdämpfe, Autoabgase, Formaldehyd, Asbest und viele viele andere mehr)
  5. Stress als psychologischer Faktor
Wie wirken diese Faktoren zusammen und was ergibt sich daraus für Therapie und Verhütung von Krebsleiden? Wirken Faktoren unabhängig voneinander auf die Krebsentstehung ein, so wäre zu erwarten, daß sich die Einzelwirkungen zu einer Gesamtwirkung addieren. Wie Grossarth-Maticek zeigen konnte, ließen sich jedoch in der Tat nicht-lineare Verknüpfungen im Zusammenwirken der Risikofaktoren, also Synergieeffekte nachweisen.
  1. Das Vorhandensein eines einzelnen Faktors konnte das spätere Eintreten einer Krebserkrankung nicht mit hinlänglicher Sicherheit vorhersagen.
  2. Mit dem Vorhandensein mehrerer Faktoren ist der Gesamteinfluß entweder geringer oder um ein Mehrfaches höher als bei einer additiven Verknüpfung zu erwarten wäre.
Das wesentliche Ergebnis zeigt, daß die Kombination von
  1. erblicher Belastung und
  2. Stress aufgrund eingeschränkter Selbstregulation
am meisten Varianz aufklärte, d.h. am ehesten das spätere Auftreten einer Erkrankung vorhersagen konnte.
Für das Auftreten einer Wucherung stellte sich im Lauf der Untersuchung
  • die erbliche Belastung

  • als wichtigster Faktor heraus.
    Für die Ausbreitung des Krebses und die Bildung von Metastasen sind
  • vor allem die übrigen Risikofaktoren entscheidend, insbesondere in ihrem synergistischen Zusammenwirken.

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    Hier wird die herausragende Bedeutung mangelnder Selbstregulation als Risikofaktor deutlich:
    Die von 1973-1996 durchgeführte prospektive Studie zeigt im einzelnen:
  • je besser ein Mensch selbstreguliert ist, desto seltener erkrankt er und umso höher ist seine Überlebenschance (Abb.9, S.87)
  • auch andere bekannte Risikofaktoren korrelieren hoch mit dem Faktor Selbstregulation:

  • Bewegungsmangel, Übergewicht und Diabetes treten bei schlechter Selbstregulation extrem häufig, bei guter Selbstregulation extrem selten auf (Abb.11, S.89).
  • Alkohol- und Zigarettenkonsum, zwei weitere Risikofaktoren korrelieren hoch mit Selbstregulation:

  • je schlechter Menschen selbstreguliert sind desto häufiger greifen sie zu Alkohol und Zigaretten. (Abb.12, S.89)
  • und der Grad der Selbstregulation korreliert mit der Anzahl jährlicher Krankheitstage:

  • schlecht regulierte Personen bleiben häufiger aufgrund von Krankheit der Arbeit fern und sind auch häufiger im Krankenhaus als gut regulierte. (Abb.13, S.90)
     
    Diese Ergebnisse legen zwingend nahe, daß auch bei der Krebsbehandlung der eine der beiden Faktoren der Entstehung, nämlich die Selbstregulation einen vielversprechenden Ansatzpunkt für die Behandlung bildet, nicht zuletzt, da dies auch günstig auf die übrigen Risikofaktoren (Rauchen wird reduziert oder aufgegeben; es wird mehr auf die Ernährung geachtet; Übergewicht reduziert; auf den Körper geachtet) wirkt.
     
    Das im folgenden näher beschriebene Autonomietraining von Grossarth-Maticek in Zusammenarbeit mit dem Psychotherapeuten und systemisch arbeitenden Familientherapeuten Helm Stierlin, knüpft an der unmittelbaren Situation des Selbst nach der Konfrontation mit der Diagnose Krebs an. Es schöpft dabei auch Ressourcen aus, die der Ausbruch einer lebensbedrohlichen Erkrankung für eine bessere Selbstregulation freilegen kann:
  • Veränderung der Beziehung zu Familienangehörigen
  • Erfahrung der Abhängigkeit und Akzeptanz dieser Abhängigkeit
  • Sich auch pflegen und versorgen lassen können
  • Bankrott alter Lösungs- und Überlebensversuche: Erkrankung wird möglicherweise als Befreiung daraus erlebt
  • Krankheit als Herausforderung, nach neuen Wegen zur Lösung von Problemen zu suchen (98/99)

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    Grundidee des Autonomietrainings:
    Bisherige Lösungsversuche stellen oft das eigentliche Problem dar. Die Patienten vollziehen immer wieder einen Kreislauf einer nicht glückenden Selbstregulation. Verhaftetsein an nicht hinterfragten Grundannahmen, Gefangensein in Entweder-Oder-Fallen, Aufrechterhalten verstrickender Bindungen - all dies verstellt in der Regel den Blick auf die Selbstregulation fördernde Verhaltensoptionen. Das Verhalten soll dahingehend verändert werden, dass mehr Befriedigung überlebenswichtiger Bedürfnisse und damit mehr andauerndes Wohlbefinden und mehr bezogene Individuation möglich wird. Ein Mensch soll zu seiner Eigeninitiative finden, durch die er sich als eigenständiges Kraftzentrum erleben kann, als die Kraft, mit der er selbst die Bedingungen schafft, die für eine gute Selbstregulation förderlich sind.
    Die Auffassung des Selbsregulationsgeschehens als Versagen eines Systems berechtigt zu der Erwartung, daß in diesem Rahmen z.T. recht schnell gelernt werden kann, also ein sprunghafter Wandel herbeigeführt werden kann.
    Die vier Phasen des Autonomie-Trainings
    1. Konfrontation mit den Folgen des Verhaltens und Formulierung erwünschten Verhaltens
      Der Patient wird gebeten, in Kürze seine gegenwärtige Situation zu schildern, sowie Probleme und angestrebte Ziele. Auf Grundlage dieser Informationen erläutert der Therapeut die Ziele und Methoden des Trainings. Besonders betont wird die Tatsache, dass das Erreichen langfristig positiver Resultate das Hauptziel des Trainings ist, und dass dies mit körperlicher und seelisch-geistiger Gesundheit einhergehen wird. Dem Patienten wird ca. eine Stunde die Gelegenheit gegeben über Erfahrungen zu sprechen, die sowohl im negativen wie im positiven eine große Bedeutung für ihn haben. Der Therapeut versucht ihn dabei zu unterstützen, die spezifischen Bedingungen zu identifizieren, unter denen sich problematische Verhaltensweisen manifestieren. Des weiteren wird versucht, problematische Verhaltensmuster zu erkennen sowie die positiven und negativen Konsequenzen dieses Verhaltens. Auf diese Weise entwickeln die Patienten ein differenzierteres Verständnis von ihren Problemen, und sie lernen, stereotype und sich selbst aufrechterhaltende Verhaltensmuster zu erkennen und zu analysieren. Im Verlauf des Trainings wird dieser Prozess (Äußern wichtiger Erfahrungen, Analysieren von Verhaltensmustern und deren Konsequenzen) immer wieder wiederholt und dabei werden nach und nach alle Bereiche, in denen möglicherweise Probleme vorhanden sind, abgedeckt (z.B. Ernährung, körperliche Bewegung, soziale Beziehungen, Möglichkeiten geistig-seelischen Austauschs, religiöse Themen, Verarbeitung bedeutsamer Lebensereignisse, Möglichkeiten der Selbstaktivierung).
    2. Phase des abstrakten Modelllernens
      Der Therapeut skizziert alternative Verhaltensvarianten, die die Autonomie fördern können. Der Patient kann von diesen Vorschlägen Gebrauch machen, sie abändern oder zurückweisen. Es geht hier darum, den Patienten anzuregen, seine eigenen Alternativen zu entwickeln.
    3. Formulieren eigener Ziele durch den Patienten
      Der Patient wird nun in der Lage sein, Ziele selbst zu definieren und zu artikulieren. Patient und Therapeut erarbeiten nun gemeinsam die geeigneten Methoden, mit denen diese Ziele erreicht werden können, d.h. wie der Patient sich ein neues Verhaltensrepertoire erwerben kann, das ihm ermöglicht, mit seinen Problemen effektiver fertig zu werden.

    4.  
      Ein alternatives, Eigenaktivität beinhaltendes Verhaltensmuster wird so präzise wie möglich formuliert. Zusätzlich wird eine Situation, in der das formulierte Verhalten erlernt werden kann, möglichst genau skizziert. Das erwünschte alternative Verhalten wird sowohl in der Phantasie als auch in der Realität eingeübt.
      Der Patient probiert nun aus, das Geübte in seinen Alltagssituationen umzusetzen. Dabei versucht er sein Verhalten dadurch zu regulieren, daß er sich der Konsequenzen seines Verhaltens bewusst wird.
      Zu den Denkstrukturen bzw. Denkgewohnheiten der Patienten gehört häufig, dass sie die Konsequenzen ihres Handelns als zwangsläufig negativ vorwegnehmen. Auch hier werden vorhandene Denkmuster analysiert und alternative Möglichkeiten, zu denken, formuliert. Therapeut und Patient erörtern dann die wahrscheinlichen Auswirkungen beider Arten zu Denken. Um den Erfolg des Trainings zu gewährleisten kann es notwendig sein, das gesamte Bewertungssystem des Patienten nach und nach durch unterstützende Kognitionen zu ersetzen.
    1. Anwendung standardisierter Techniken zur Verhaltensmodifikation
  • Verhaltensanalyse
  • Identifizierung von Problemfeldern
  • Aufbau gewünschten Verhaltens
  • Reflexion des Selbstkonzepts
  • Einüben von Entspannungsverfahren
  • Training von adäquatem Gefühlsausdruck
  • Training zur Vermeidung stressauslösender Gedanken und Vorstellungen
  • Soziales Kompetenztraining.
  • Zur Frage der Motivierbarkeit gefährdeter Menschen:
    es überrascht nicht, dass sich manche Menschen leicht, andere wiederum schwer motivieren lassen. Einfluss auf relevantes Verhalten lässt sich leichter nehmen, wenn nicht von vornherein von "Therapie" oder überhaupt einer wünschenswerten Verhaltensänderung gesprochen wird. Beabsichtigte Resultate werden besser erreicht, wenn eine spezifische Unterweisung bzw. Intervention als Beratung oder Mitteilung von Informationen etikettiert wird. Es sollten keine Fragen zu oder Anspielungen auf Probleme erfolgen. Solches Vorgehen erregt den Verdacht, mit der angesprochenen Person könnte etwas nicht in Ordnung sein. Statt dessen wird um zukunfts- und ressourcenorientierte Kooperation gebeten. Man tritt dem Patienten nicht in der Pose des Experten oder Heilers gegenüber, sondern man vermittelt das Bild eines Dialogpartners. Allgemein kann man feststellen, dass ein solches Vorgehen am ehesten verhindert, daß der Patient Widerstand mobilisiert.
    So waren über 90% der für die Studien angesprochenen Personen intuitiv von der Richtigkeit der Hypothese überzeugt, dass das psychische Geschehen einen Einfluss auf das Krankheits- bzw. Gesundheitsgeschehen im Körper hat.
     
    Stierlin weist auf den Rückkopplungscharakter der Selbstregulation hin, d.h. dass eine Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit (mehr Klarheit und Transparenz) nicht automatisch positive Folgen nach sich ziehen muß.
    So kann dadurch der bankrottartige Zustand eines Beziehungssystems erst richtig zum Vorschein kommen und damit die schmerzhaften und traurigen oder bedrohlichen Konsequenzen (z.B. vermehrtes Auftreten schwerer Krankheiten; dem bewußten Erleben von als lebensbedrohlich erlebten Trennungen). Es muß also mit dem Patienten zugleich auch erarbeitet werden, wie er mit diesen Konsequenzen in einer sinnvollen Weise umgehen kann.
    Je kürzer die zu Verfügung stehende Zeit, desto mehr konzentriert man sich auf das Problem (die Probleme), die für die Betroffenen die subjektiv größte Bedeutung haben.
    Ziel ist jeweils, ein alternatives Verhaltensmodell anzuregen, das sich an Wohlbefinden, Lust und Gesundheit orientiert.
    Ergebnisse zur Wirkung des Autonomietrainings
    Ergebnisse der Heidelberger prospektiven Studie 1973 bis 1993 Die Heidelberger Studien umfassen eine ganze Reihe von Datenmaterial, das die Wirkung belegt (siehe Grossarth- Maticek und Stierlin, 2000). Hier sollen die wesentlichen Ergebnisse dargestellt werden:
    Die jeweiligen Therapie- und Kontrollgruppen wurden sorgfältig parallelisiert.
  • in den Therapiegruppen überlebten diejenigen länger, bei denen das Training innerhalb von sechs Monaten zu einer signifikanten Verbesserung der Selbstregulation geführt.
  • die Überlebensrate in der Kontrollgruppe war signifikant geringer.

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    In zwei streng parallelisierten Gruppen, von denen die eine ein Autonomietraining erhielt, die andere nicht, lebten 78,3% (47 Patienten) in der Therapiegruppe länger als ihre Vergleichspersonen aus der Kontrollgruppe. Bei den verbleibenden 21,7% (13 Patienten) lebten die Probanden der Kontrollgruppe (= kein Autonomietraining) länger als ihre matches aus der Therapiegruppe. Der Erfolg der 47 trainierten und der 13 nicht trainierten Probanden ließ sich aus dem verbesserten psychosozialen Status vorhersagen, der 3-6 Monate nach den beratenden Gesprächen gemessen werden konnte. Die Mitglieder der trainierten Gruppe lebten im Schnitt 3,4 Jahre länger als die Mitglieder der untrainierten Gruppe.
     
    Positivfaktoren und Synergieeffekte beim Zustandekommen von Gesundheit bis ins hohe Alter - Die Bedeutung der Selbstregulation
    Um die Bedeutung von sogenannten Positivfaktoren für die Aufrechterhaltung der Gesundheit bis ins hohe Alter zu erfassen, wurden aus der gesamten Studie 1973/74 kleine Subgruppen gebildet. Das durchschnittliche Alter betrug 61,3 Jahre (55-68 J.).Die Nachuntersuchung fand 1993 statt. Durchschnittliches Alter: 82 Jahre. Es wurde festgestellt, welche Personen noch lebten und gesund waren (ohne diagnostizierte chronische Erkrankung, mit Wohlbefinden und Aktivität).
    Die Ergebnisse im Detail: Nur 1% der Personen ohne Positivfaktoren blieb bis ins hohe Alter gesund (= 5 von 516 Personen der Gruppe 8). Liegt nur jeweils ein Positivfaktor vor, erhöht sich die Chance, bis ins hohe Alter gesund zu bleiben, um das 2- bis 18-fache. Relativ wenig Bedeutung haben für sich genommen nur die Faktoren "Kein Suchtverhalten" (2%), "gesunde Ernährung" (2,8%), "regelmäßige Bewegung" (3,9%) und "soziale Integration" (3,7%). Etwas bedeutsamer erweisen sich "erholsamer Schlaf und regelmäßige Erholung" (7,4%) sowie "gute erbliche Voraussetzungen" (8,4%). Der weitaus stärkste Einzelfaktor ist "gute Selbstregulation" (18,4%), d.h. die Fähigkeit, auch trotz ungesunder Lebensweise oder sonstiger widriger Umstände Wohlbefinden und Lust zu erreichen.
    Beim Vorhandensein aller sieben Positivfaktoren (Subgruppe 9) ergibt sich nicht nur eine additive Wirkung (das entspräche 47,6%), sondern ein hochsignifikanter Synergieeffekt von 86%. Waren außer Faktor 1 (gute erbliche Voraussetzungen) alle anderen Faktoren vorhanden (Subgruppe 11), erreichten immer noch 79% der Personen ein hohes Alter im gesunden Zustand. Selbst bei erblicher Belastung kommt das synergetische Zusammenwirken der anderen Positivfaktoren zum Tragen.
    Waren alle Faktoren 1-6, aber keine gute Selbstregulation vorhanden (Subgruppe 10), dann wirken die sechs Positivfaktoren nur weit unter der additiven Grenze zusammen (19,9%; additiv wären 28,2%). (Vgl. mit Subgruppe 7 "nur gute Selbstregulation": 18,4%).
     
    Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass der wichtigste Prädiktor und Indikator für ein gesundes hohes Alter der Grad des subjektiv empfundenen und durch Eigenaktivität erreichten Wohlbefindens ist.
     
    Aus der Gesamtpopulation der Heidelberger Studie wurden zwei parallele Gruppen gebildet. Die Gruppen waren in Alter und Geschlecht vergleichbar und auch darin, dass keiner der Probanden irgendwelche Positivfaktoren aufwies.
    Ursprünglich bestanden 147 Paare. Acht Personen verweigerten Beratung; zwei Personen konnten in der Nachuntersuchung nicht mehr aufgefunden werden.
    Etwas mehr als die Hälfte der Personen (71) konnten weder in den Gesprächsitzungen noch in der Nachuntersuchung nach drei Monaten eine Verbesserung ihres Wohlbefindens berichten. Auch bei der erneuten Durchführung des auch zu Beginn vorgelegten Fragebogens erzielten diese Personen keine besseren Werte. Dagegen kam es bei den übrigen 66 Personen (48,2%) zu einer Verbesserung des Wohlbefindens in unterschiedlichem Ausmaß. Sie wandten dabei unterschiedliche Methoden an: mehr körperliche Bewegung, lustvolle Umstellung der Ernährung, systematisches Ausruhen bei Erschöpfung, Umorganisieren der Familienbeziehungen. Die Personen lernten, sich am Wohlbefinden zu orientieren und Verhaltensweisen abzubauen, die zu Unlust führten.
    1993 (nach ca. 17 Jahren) wurden die noch lebenden trainierten und unbehandelten Personen zu Hause aufgesucht. Ergebnis: 59 Personen der trainierten Gruppe (43%) wurden gesund (ohne diagnostizierte chronische Erkrankung), seelisch und körperlich aktiv angetroffen. Von diesen 59 stammten 50 Personen aus der Gruppe der 66 Personen mit verbesserter Selbstregulation nach drei Monaten. Die übrigen neun Personen stammten aus der Gruppe der 71 Personen, die nach drei Monaten keine verbesserte Selbstregulation aufwiesen. Aus der Kontrollgruppe wurden nur zwei Personen (1,5%) gesund angetroffen. Diese zwei Personen stammten aus der Gruppe der sieben Personen, die auch ohne Training nach drei Monaten eine verbesserte Selbstregulation hatten.
     
     
    Therapiegruppe Kontrollgruppe
    N 137 137
    gesund geblieben bis 1993 59 (43%) 2 (1,5%)
     
     
    verbesserte Selbstregulation nach 3 Monaten keine verbesserte Selbstregulation nach 3 Monaten
    Therapiegruppe 66 71 137
    Kontrollgruppe 7 130 137
    73 201 274
     
     
    Insgesamt wurden 1993 61 Personen gesund angetroffen. Von diesen hatten zum zweiten Messzeitpunkt 1976 52 Personen (85%) eine verbesserte Selbstregulation, 9 Personen (15%) hatten keine verbesserte Selbstregulation.
     
    1976 hatten von insgesamt 274 Versuchspersonen bei der zweiten Messung 73 Personen (100%) eine verbesserte Selbstregulation gegenüber der ersten Messung zu Beginn der Untersuchung. Von diesen 73 waren 1993 noch 52 Personen (71%) gesund. Von 201 Personen (100%), die 1976 bei der zweiten Messung keine verbesserte Selbstregulation hatten, waren 1993 nur noch 9 Personen (4%) gesund.
     
    1993 noch gesund 1993 nicht gesund(bzw. verstorben)
    VerbesserteSelbstregulation(1976) 52 21 73
    keine verbesserteSelbstregulation(1976) 9 192 201
    61 213 274
     
    Die hier nur ausschnittweise wiedergegebenen Ergebnisse zeigen, daß in der Tat der psychischen Mitebeteiligung ein Schlüsselrolle für die Verbesserun gder Heilungschancen zukommt. Die Ergebnisse ermutigen darüberhinaus, den Patienten auch nach bereits eingetretener Krebserkrankung in seiner Autonomie und Selbstgestaltung seines Lebens in der genannten Weise massiv zu unterstützen.
     
    Literatur:
    Grossarth-Maticek, R. & Stierlin, Helm (2000) Krebsrisiken - Überlebenschancen. Wie Körper, Seele und soziale Umwelt zusammenwirken. 2. überarbeitete und korrigierte Auflage, Carl-Auer-Systeme Verlag
    Grossarth-Maticek, R. (2000) Autonomietraining. Gesundheit und Problemlösetraining durch Anregung der Selbstregulation. de Gruyter, Berlin, New York
    Grossarth-Maticek, R. Autonomy Training in Cancer Prevention. In: ten Have-de Labije & Balner (eds.). Coping with cancer and beyond: cancer treatment and mental health.
    Hanzl, G.S. Das neue medizinische Paradigma (1995). Theorie und Praxis eines erweiterten wissenschaftlichen Konzepts. Mit einem Vorwort von Prof. Hans-Peter Dürr, Ph.D. Haug Verlag, Heidelberg.
     
     
    Variablenkatalog zur Erfassung von günstigen und ungünstigen Verhaltens- und Erlebnisweisen im Hinblick auf die Überlebenschancen von Krebspatienten (Grossarth-Maticek, 1998, Anhang II,9 auf S.184)
     
     
    Günstige Faktoren Ungünstige Faktoren
    1. regelmäßige Bewegung Bewegungsmangel
    2. gesunde Ernährung (vitaminreich, fettarm, mäßig Fleisch etc.) ungesunde Ernährung (viel Fett und Kohlenhydrate, wenig Vitamine etc.)
    3. erlebnis- und emotionsbetonte, auf Heilung ausgerichtete Religion / Meditation provozierende Religion (Betonung von Schuld; Ausgeliefertsein an eine richtende Macht)
    4. erfüllender Beruf / Arbeit nicht erfüllende, überlastende Arbeit
    5. soziale Anerkennung und Integration soziale Isolation
    6. selbständig, objektunabhängig (autonom) unselbständig, objektabhängig
    7. ausgeprägte Selbstregulation gehemmte Selbstregulation
    8. innerlich ausgeglichen inneres Ungleichgewicht, Dominanz von Hemmung und/oder Übererregung
    9. anhaltendes Wohlbefinden anhaltendes Unwohlsein
    10. immer wiederkehrende euphorische Zustände immer wiederkehrende negative Gefühle wie Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Depression
    11. ausgeprägter Lebenswille akzeptierte Todestendenz (das Sterben wird als die bessere Alternative zum Leben angesehen)
    12. Gefühl der Eigenkompetenz in der Krankheitsbewältigung Gefühl der Unfähigkeit, mit der Krankheit fertig zu werden
    13. Starke Überzeugung, dass Heileffekte ausschließlich auf eine Ursache zurückzuführen sind Glaube, dass nichts helfen kann
    14. Krankheit wird als Chance und als Anlass zu radikaler Umorientierung in Verhalten und Einstellung gesehen Krankheit wird als sinnlos, zer-störerisch und willkürlich wahr-genommen; als alle Chancen und Hoffnungen vernichtend
    15. Aufgrund des allgemeinen Wohl-befindens wird die Krebserkrankung als überflüssig empfunden
    Subgruppen mit unterschiedlichen Faktoren N = Anzahl der Per-sonen in den Subgruppen (1973) Anzahl der Gesund-gebliebenen bis 1993
    1. nur gute erbliche Voraus-setzungen (Vater und Mutter älter als 75 Jahre, gesund) 179 15 (8,4 %)
    2. nur gesunde Ernährung 216 6 (2,8 %)
    3. nur regelmäßige Bewegung 205 8 (3,9 %)
    4. kein Suchtverhalten 101 2 (2 %)
    5. nur gute soziale Integration (soziale Sicherheit und soziales Netzwerk) 108 4 (3,7 %)
    6. nur erholsamer Schlaf und regelmäßige Erholung 95 7 (7,4 %)
    7. nur gute Selbstregulation 141 26 (18,4 %)
    8. keiner der oben genannten Faktoren 516 5 (1 %)
    9. alle oben genannten Faktoren zusammen 470 404 (86 %)
    10. alle Faktoren (1-6), aber mit schlechter Selbstregulation 307 61 (19,9 %)
    11. alle Faktoren außer 1 (Vater und Mutter vor dem 60. Lebensjahr verstorben) 508 401 (79 %)

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