Regulationsmedizin Ausgabe 1/2001
Gutachten über die rechtliche Zuverlässigkeit der Digitalisierung von Arzneimitteln sowie Verabreichung und Weitergabe an Patienten

I. Problemstellung
Im Gutachten ist zu untersuchen, inwieweit ein Arzt/Zahnarzt ein Arzneimittel in der Praxis mittels technischer Gerätschaften digitalisieren und die so erhaltenen Informationen auf eine neutrale Substanz übertragen darf, um diese dann entweder in den Praxisräumen an den Patienten zu verabreichen oder diese mit nach Hause zu geben.
Weiter ist zu fragen, welche haftungs- und wettbewerbsrechtlichen Voraussetzungen für reine zulässige Anwendung solcher Arzneimittel zu fordern sind.

II. Zusammenfassung und Ergebnis der Begutachtung

Bei der Übertragung digitalisierter Schwingungen von einem Originalpräparat auf eine Trägersubstanz entsteht kein Medizinprodukt. Es handelt sich vielmehr um ein Arzneimittel.
Arzneimittelrechtlich ist der Arzt/Zahnarzt nicht gehindert, Arzneimittel durch Übertragung zuvor von einem Originalpräparat abgenommener und digitalisierter Schwingungen auf eine Trägersubstanz herzustellen. Auch die direkte Verabreichung in der Praxis ist zulässig. Eine Mitgabe an den Patienten stellt dagegen ein Inverkehrbringen i.S. des AMG dar und ist ohne Herstellungserlaubnis bzw. Erfüllung der zulassungsrechtlichen Voraussetzungen des AMG verboten und strafbar.
In haftungs- und wettbewerbsrechtlicher Hinsicht setzt die Anwendung duplizierter Arzneimittel eine besonders intensive Aufklärung des Patienten voraus. Insbesondere ist der Patient darüber aufzuklären, wie das duplizierte Präparat hergestellt wird und dass es sich dabei nicht um die Behandlung mit einem homöopathischen Arzneimittel handelt.

III. Arzneimitteldigitalisierung
  1. Rechtliche Qualifizierung eines digitalisierten "Duplikats"
    Werden in der Arzt-/Zahnarztpraxis mittels technischer Gerätschaften "Duplikate" vorhandener Arzneimittel hergestellt, indem die Schwingungen auf eine Trägersubstanz übertragen werden, stellt sich zunächst die Frage, welche rechtliche Eigenschaft das so entstandene Produkt hat.

    a) Abgrenzung Medizinprodukt/Zubehör zum Medizinprodukt sowie Medizinprodukt zum Arzneimittel

    § 3 Nr. 1 Medizinproduktegesetz enthält eine Definition des Medizinproduktebegriffs:
    1. Medizinprodukte sind alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der für rein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke

    a) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten.
    b) Der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,
    c) Der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder
    d) Der Empfängnisregelung

    Zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann. Dem neuen steht ein als neu aufbereitetes Medizinprodukt gleich.

  2. Medizinprodukte sind auch Produkte nach Nummer 1, die einen Stoff oder eine Zubereitung aus Stoffen enthalten oder auf die solche aufgetragen sind, die bei gesonderter Verwendung als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes angesehen werden können und die in Ergänzung zu den Funktionen des Produktes eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten können.

    Nach dieser Definition des Medizinproduktebegriffs handelt es sich bei den Gerätschaften, die zur Herstellung der Duplikate verwendet werden, zweifellos um Medizinprodukte. Zweck des Gerätes ist die Erkennung und Behandlung von Krankheiten, wobei die Hauptwirkung weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird.
    Demnach könnte es sich bei den mit Hilfe der EAV-Geräte hergestellten Präparaten um Zubehör zu einem Medizinprodukt i. S. v. § 3 Nr. 8 MPG handeln. § 3 Nr. 8 MPG lautet:

    Zubehör für Medizinprodukte sind Gegenstände, Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen sowie Software, die selbst keine Medizinprodukte nach Nr. 1 sind, aber vom Hersteller dazu bestimmt sind,

    a) mit einem Medizinprodukt verwendet zu werden, damit dieses entsprechend der von ihm festgelegten Zweckbestimmung des Medizinprodukts angewendet werden kann, oder
    b)die für das Medizinprodukt festgelegte Zweckbestimmung zu unterstützen.

    Daneben kommt auch eine Einstufung als Arzneimittel in Betracht. Der Arzneimittelbegriff ist in § 2 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) festgelegt:

    § 2 Arzneimittelbegriff
    (1) Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper
    1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen,
    2. Die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,...

    Zunächst einmal kann die Eigenschaft als Zubehör zu einem Medizinprodukt ausgeschlossen werden. Unter Zubehör versteht man zusätzliche Produkte, die erforderlich sind, damit das Grundgerät entsprechend der Zweckbestimmung betrieben werden kann ( Böckkmann/Frankenberger, Durchführungshilfen zum MPG, Rdnr. 3.2.2). Dies können z. B. Software, Kabel oder Elektroden etc. sein.
    Vorliegend sind die hergestellten Ampullen jedoch nicht zusätzliche Einrichtungen, die zum Betrieb des EAV-Gerätes erforderlich sind. Sie sind vielmehr das Ergebnis der Anwendung des Medizinproduktes EAV-Gerät.
    Mithin bleibt lediglich zu untersuchen, ob die Ampullen selbst als eigenständige Medizinprodukte anzusehen sind, oder ob es sich dabei um Arzneimittel handelt.
    Die Abgrenzung zwischen Medizinprodukten und Arzneimitteln erfolgt über die Zweckbestimmung. Entscheidend ist der Haupt-Wirkmechanismus zur Erreichung der vom Hersteller angegebenen Zweckbestimmung. Während Medizinprodukte ihren Zweck vorwiegend auf physikalischem Wege erreichen, liegt der Zweck eines Arzneimittels vorwiegend im Bereich einer pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkung ( Böckmann/Frankenberger, a. a. O., Rdnr. 3.2.5).
    Eine pharmakologische Wirkung wird erzielt, wenn ein körperfremder oder körpereigener Stoff ( chem. Element oder Verbindung) nach Aufnahme im Körper oder an dessen Oberfläche erwünschte oder schädliche Wirkungen hervorruft ( Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, Stichwort Pharmakon).
    Da die digitalisierten Schwingungen auf eine Trägersubstanz übertragen werden, besteht zumindest hinsichtlich dieser Substanz kein Zweifel, dass es sich um einen Stoff in diesem Sinne handelt (§ 3 Nr. 1 AMG: "Stoffe i. S. dieses Gesetzes sind...chemische Elemente und chemische Verbindungen sowie deren natürlich vorkommende Gemische und Lösungen...").
    Des Weiteren soll dieser durch das Aufschwingen neu hergestellte Stoff nach den Vorstellungen der Therapierichtung, also der Zweckbestimmung des Therapeuten als Hersteller, auch eine Wirkung im Körper erzielen. Damit liegt nach der Zweckbestimmung eine zu erzielende pharmakologische Wirkung vor. Dies wiederum schließt nach obigen Ausführungen zur Abgrenzung die Annahme, es könnte sich bei den duplizierten Präparaten um Medizinprodukte handeln, aus.
    Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass es sich bei den durch Übertragung digitalisierter Schwingungen hergestellten Präparaten nicht um Medizinprodukte handelt.

    b) Arzneimitteleigenschaft

    Die Arzneimitteleigenschaft bestimmt sich nach der objektiven und subjektiven Zweckbestimmung des Produktes, insbesondere Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu eilen, zu lindern , zu verhüten oder zu erkennen.
    Durch die Digitalisierung und Übertragung der Schwingungen auf die Trägersubstanz wird zweifellos diese objektive und subjektive Zweckbestimmung erfüllt. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Schwingungen auf eine "neutrale" Substanz, wie z. B. Wasser oder Ethanol, übertragen werden oder auf ein bereits vorliegendes Fertig-Arzneimittel zusätzlich aufgeschwungen werden. In jedem Fall entsteht ein "neues" Arzneimittel mit veränderten Eigenschaften gegenüber dem Ausgangsstoff.
    Weiterhin kommt es für die Klassifizierung als Arzneimittel darüber hinaus nicht darauf an, ob das durch Schwingungsübertragung hergestellte Präparat auch nach schulwissenschaftlichen Kriterien geeignet ist, einen arzneilichen Zweck zu erfüllen.
    Wenn ein Mittel mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung in den Verkehr gebracht hat wird, arzneilichen Zwecken zu dienen, hat die tatsächliche Eignung hierfür keinen Einfluss auf die Frage der Arzneimitteleigenschaft ( Kloesel/Cyran, AMG, § 2, Rdnr. 9). Ob ein Präparat therapeutische Wirkungen entfaltet, ist keine Frage des Arzneimittelbegriffs, sondern eine Voraussetzung für dessen Zulassung ( Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 24.II.1994, AZ: 3 C 2.93).
    Im Ergebnis handelt es sich bei durch Übertragung von Schwingungen hergestellten Präparaten um Arzneimittel.

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