Amalgam |
![]() |
Allergologische, toxikologische und psychische Auswirkungen des Amalgams - alles Einbildung? Kritik
an der "Gießener Amalgamstudie" Birgit
Beisenherz-Hahn, Dipl. Psychologin, Medizinstatistik, Marburg
( Regulationsmedizin 3 2000 ) Als
seinerzeit die Raumsonde Giotto, die u.a. die Atmosphäre unserer
Nachbarplaneten auf Spuren organischen Lebens hin untersuchen sollte,
ihre Messungen beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre fortsetzte,
kamen die Forscher ins Staunen: Die Sonde hatte die Atmosphäre unseres Heimatplaneten analysiert und gelangte zu dem
Ergebnis: "Es bestehen keine Anzeichen für das Vorhandenseins
organischen Lebens". Verblüffung löst bei oberflächlichem
Hinsehen auch das Ergebnis einer interdisziplinären Studie der Gießener
Justus-Liebig-Universität aus. Die Forschergruppe untersuchte die
Fragestellung, ob bei Patienten mit "Amalgamkrankheit"
toxikologische, allergologische und/oder psychische Beschwerden
durch Amalgamfüllungen mitverursacht werden: "Unsere Ergebnisse
lassen den Schluß zu, daß eine psychotherapeutische oder
gegebenenfalls psychiatrische Behandlung bei vielen Patienten, die ihre
Beschwerden auf Amalgam zurückführen, eine adäquate Maßnahme zur Bewältigung
ihrer Symptome sein kann. Für die Notwendigkeit einer Entgiftung durch
Ausleitungstherapien, die häufig empfohlen wird, oder den aufwendigen
Austausch der Amalgamfüllungen durch andere
Materialien als generelle Maßnahme ergaben sich hingegen keine
Belege" (S. 75). Eine eingehende Betrachtung des Vorgehens der
Studie zeigt allerdings, daß auch ein im Detail sorgfältiges und
aufwendiges Vorgehen zu Fehlschlüssen führt, wenn -
mangelnde Plausibilitätsüberlegungen bei der Auswahl der
forschungsmethodischen Strategie -
eine nur lückenhafte Kenntnisnahme vorliegender wissenschaftlichen
Literatur -
sowie logische Fehler in Form von Zirkelschlüssen und -
Fehler bei der Zusammenstellung und Auswahl der einbezogenen Stichproben
vorliegen. Auch
ist es für den wissenschaftlichen Erkenntniswert einer interdisziplinär
durchgeführten Studie keineswegs ausreichend, daß jeder Vertreter der
beteiligten Fachdisziplinen seinen spezifischen Beitrag leistet. Es muß
darüberhinaus die Gesamtstudie auf Sinngehalt, Logik des Aufbaus und
den potentiellen Aussagewert hin von allen Beteiligten geprüft werden.
Geradezu ärgerlich aber ist, daß die Ergebnisse von den Medien in
irreführender Weise wiedergegeben werden, die beim unkritischen Leser
zu wissenschaftlich unhaltbaren Schlußfolgerungen führen müssen.
So in ZM Nr. 2b vom 16.01.2000 und in zahlreichen Tageszeitungen. Toxizität
von Amalgam Silberamalgam
ist eine Legierung aus Zinn, Silber und Quecksilber (50 Prozent), meist
auch Kupfer. Diese Form der Verdampfung tritt bei Zimmertemperatur in
geringen Mengen auf. An
der mit Speichel bedeckten Grenzfläche geht ständig Quecksilber in
ionisierter Form in Lösung - wie bei jedem Metall, das mit einer wäßrigen
Lösung in Berührung kommt, Quecksilberdampf
dringt über die Schleimhäute in benachbarte Hart- und Weichgewebe ein,
insbesondere aber durch Anatmung über die Lunge. Quecksilber
im Blutserum hat eine Halbwertszeit von 2 bis 3 Tagen, in den Geweben
dagegen eine Halbwertszeit von Jahren. Bei
Obduktionen finden sich erhöhte Konzentrationen des Schwermetalls in
Niere, Lunge, Leber, vor allem aber im Gehirn bei Patienten mit
bestimmten chronischen Erkrankungen. Dort
eingelagertes Quecksilber hat eine Halbwertszeit von 18 bis 27 Jahren,
benötigt also, vorausgesetzt, daß eine weitere Einlagerung z.B. durch
Entfernung von Amalgamfüllungen erfolgt, 18 bis 27 Jahre, um zur Hälfte
ausgeschieden zu werden. D.h. daß auch nach Entfernen der Füllungen
das Quecksilber seine Toxizität noch über eine lange Zeit im Leben des
Patienten entfalten kann. Die
Vergiftungserscheinungen, die berichtet werden, sind vielfältig und
umfassen u.a. allergologische, Erschöpfungssymptome und Anzeichen eines
Hypertonus der Muskulatur, bei Zahnamalgam insbesondere im Mundbereich;
darüberhinaus psychische Symptome, vorrangig Vergeßlichkeit,
Konzentrationsstörungen, Depressivität, Ängstlichkeit, plötzliche
Wutausbrüche. Nur
ein geringer Prozentsatz der Patienten weist eine Allergie auf. Diese
kommt jedoch erst zustande nach einem Antigen-Antikörperrekation, die
ein von einer Vergiftung in gewissem Maße unabhängiges Geschehen
bildet. Die
schwedische Regierung hat 1993 die Verwendung von Quecksilberamalgam für
Zahnfüllungen verboten, aufgrund der Evidenzen für die Toxizität. In
Japan wird seit 1988 kein Amalgam mehr verwendet. Untersuchungen
an Verstorbenen ergaben eine vielfach höhere Quecksilberkonzentration
im Körpergewebe bei Patienten mit chronischen Krankheiten als bei
Gesunden. Die
WHO hatte eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse mehrere Jahre
lang geheimgehalten wurden, und die ein Verbot der Amalgamverwendung
zwingend erforderlich machen würde. Aufgrund
der seit langem bekannten Toxizität ist Quecksilber als Sondermüll
ausgewiesen und zu entsorgen. Die Bundesregierung hat die Empfehlung
ausgesprochen, Frauen im gebärfähigen Alter bis zum 40 Lebensjahr
aufgrund der möglichenembryotoxischen Wirkung. keine
Amalgamfüllungen zu geben. Die
Gießener Amalgam-Studie Die
Forschergruppe bestehend aus: Frau Dr. Isabel Traenckner Projektleiterin
der DFG-Studie "Eine interdisziplinäre Studie zu Amalgamängsten -
Vergiftung, Allergie oder psychische Störung?", Prof. Dr. med. Dr.
med. habil. Wolf-Bernhard Schill (beide Zentrum für Dermatologie und
Andrologie); Prof. Dr. Uwe Gieler, Dipl.-Psych. Birgit Gottwald,
Dipl.-Psych. Dr. Jörg Kupfer (Zentrum für Psychosomatische Medizin),
Dr. med. Carolina Ganß, (Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde)
untersuchte 40 Patienten, die sich wegen "amalgamassoziierter
Beschwerden" an die Allergieambulanz der Giessener Universitäts-
Hautklinik gewandt hatten (Patientengruppe, im folgenden PG genannt).
Diese waren gefragt worden, ob sie an einer Studie über
zahnmaterialbezogene Beschwerden teilnehmen wollten, in deren Rahmen mögliche
Ursachen dieser Beschwerden untersucht werden sollten. Als
Kontrollpersonen (im folgenden KG genannt) wurden 40 weitere Personen
einbezogen, die per Aushang in der Universitäts- Zahnklinik für die
Teilnahme gewonnen wurden und beim telefonischen Erstkontakt angaben, daß
ihre Amalgamfüllungen keinerlei Beschwerden verursachten. Beide Gruppen
wurden nach Alter (22 bis 69 Jahre, PG: im Mittel 42,8; KG: 39,9 Jahre),
Geschlecht (jeweils 58 % Frauen) und Zahl der Amalgamfüllungen
parallelisiert. Der
von der Giessener Autorengruppe erwähnte Orientierungswert des
95-Prozent-Perzentils von 5 Mikrogramm pro Liter Urin in der Bevölkerung
besagt lediglich, daß weniger als 5 Prozent der Bevölkerung noch höhere
Quecksilberkonzentrationen aufweisen. Dieser statistische Normwert vor
dem Hintergrund eines Prozentsatzes von etwa 80 Prozent der Bevölkerung,
die Amalgamfüllungen aufweisen, besagt aber nichts über die Normalität
der Funktion, so wie auch der hohe Wert der Kariesdurchseuchung in der
Bevölkerung zwar statistisch gesehen normal ist, keineswegs aber zur
physiologisch gesunden Funktion des Gebisses zählt. Um aber die giftige
Einlagerung in die Gewebezellen zu messen, müßte eine Gewebeprobe oder
der DMPS-Test durchgeführt werden, bei dem Dimercapto-propionsulfonsäure
gespritzt wird, die im Körper eingelagertes Quecksilber bindet und über
Stuhl und Urin ausscheidet. Dies ist (ebenso wie der Epicutantest und
der LTT) eine objektive Untersuchungsmethode, die jedoch nicht
nebenwirkungsfrei ist, da sie auch andere kationische
Mineralbestandteile aus dem Körper ausscheidet. Als weiteres wenn auch
von der Schulmedizin nicht anerkanntes Verfahren besteht die
Elektroakupunkturdiagnostik nach Dr. Voll. In einer Marburger
Therapiestudie konnte bei einer Stichprobe von rund 3000 Patienten
nachgewiesen werden, daß bei etwa 70% der Patienten nach der Entfernung
von Amalgam-füllungen und einer anschließenden Ausleitungstherapie mit
begleitender Gabe von Spuren-elementen und Vitaminen eine teilweise bis
starke Besserung der Beschwerden eintrat (Weber). Wilkürliche
Gruppenbildung statt Randomisierung Die
Gießener Forschergruppe untersucht entgegen der ausdrücklichen Nennung
in der Überschrift nicht, ob und in welchem Maße bei diesen Patienten
tatsächlich eine Vergiftung vorliegt. Insbesondere ist mit den
vorgenommenen Maßnahmen eine Vergiftung objektiv weder nachzuweisen
noch auszuschließen. Die Autoren lassen lediglich drei Merkmale gelten,
die sie als "anerkannt" bezeichnen, wobei diese keineswegs in
der wissenschaftlichen Literatur eindeutig als anerkannt gelten:
Kontaktallergien gegenüber Bestandteilen von Amalgam, Lichen ruber im
Bereich der Mundschleimhaut und Verfärbungen von Hart- und Weichgewebe
(kein Krankheitswert) sind eine unzulässige Verkürzung der Ergebnisse
einer Münchener Studie und bilden eine Auswahl vergleichsweise
harmloser und überschaubarer Wirkungen. Über zwanzig wesentliche
Erkrankungen und Symptome werden unterschlagen. Messung
der Quecksilberbelastung aus Amalgamfüllungen Aufgrund
der oben skizzierten Kinetik des Schwermetalls im Organismus kann die
Messung des Quecksilbergehaltes im Urin lediglich sicher nachweisen daß
vom Organismus überhaupt Quecksilber aufgenommen und über die Nieren
wieder ausgeschieden wurde. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür,
wieviel Quecksilber aufgenommen wurde und ob ein Teil des aufgenommenen
Quecksilbers wieder ausgeschieden wurde. So
ist denkbar, daß der gesamte Abrieb ohne Folgen im Organismus
ausgeschieden wird, daß im anderen Extremfall das gesamte Quecksilber
im Körper verbleibt und keine nennenswerte Ausscheidung zu beobachten
ist. Leider
ist von der Giessener Forschergruppe nicht kontrolliert worden, ob die
Patienten mit der geringen Anzahl an Amalgamfüllungen nie welche hatten
oder diese lediglich ausgetauscht oder durch Extraktion entfernt wurden.
In diesem Fall wäre von einer noch vorhandenen mehr oder weniger
starken Einlagerung im Gewebe auszugehen, so daß allein die Zahl der Füllungen
die Gewebebelastung im Mittel unterschätzt. Trotz
der vorgenommenen Parallelisierung der Gruppen nach Anzahl der Amalgamfüllungen
und einer gut übereinstimmenden Konzentration des Hg im Urin 0,95
Mikrogramm pro Liter (95%-Konfidenzintervall: 0,67 bis 1,22) bzw.
ebenfalls 0,95 mit einem 95-%-Konfidenzintervall zwischen 0,69 und
1,20), findet sich dennoch ein tendenziell höherer Wert im Blut bei der
PG (0,65 Mikrogramm pro Liter (95-Prozent-Konfidenzintervall bei 0,51
bis 0,78) gegenüber 0,51 (95-Prozent-Konfidenzintervall zwischen 0,40
und 0,62). Frage: wo ist die Differenz verblieben, wenn sie sich im Urin
nicht mehr wiederfindet? Unterscheidung
der Stichproben nach laienätiologischen Vorstellungen Die
Unterscheidung der Stichproben erfolgte lediglich nach einer
Ursachenattribuierung in der Laientheorie der Patienten, die durch keine
konsistente Überprüfung mit schulmedizinischen Methoden oder
psychologischen Testskalen tatsächlich adäquat verifiziert worden wäre.
Hier führt sich die mit großem wissenschaftlichen Arsenal arbeitende
Forschergruppe selbst ad absurdum. Es ist überhaupt nicht klar, was
eigentlich tatsächlich und objektiv nachweisbar
mit Hilfe der Selbsteinschätzung als "amalgambelastet"
erfaßt wurde. Hier
handelt es sich um Patienten, die sich um Hilfe an eine
Experten-Arbeitsgruppe wenden und man überläßt ihnen anhand
beliebiger Vorinformationen die Entscheidung darüber, ob Amalgam etwas
mit ihren Beschwerden zu tun haben könnte. Um
diese von den Autoren nicht streng formulierte Annahme wirklich
wissenschaftlich zu überprüfen hätte man anhand der genannten harten
Kriterien zunächst feststellen müssen, ob nicht nur eine Belastung,
sondern eine Vergiftung vorliegt. Was aber genau unter der
Amalgamvergiftung zu verstehen sei wird von den Autoren weder definiert
noch problematisiert. Zweifel am Vorliegen einer Vergiftung bleiben rein
oberflächlich und sind von einer irrationalen Ursachenzuschreibung
einzelner Patienten nicht zu unterscheiden. Vor
allem hätte man ein Expertenurteil als Einteilungskriterium wählen müssen,
wobei der Rückgriff auf eine saubere Kategorienbildung z.B. über das
tatsächliche Vorliegen von Allergien oder umschriebener psychiatrischer
Symptome gelangen müssen. Denkbar wäre auch der Versuch, psychische
Begleitsymptome der amalgambelasteten Gruppe auf qualitative
Unterschiede zu psychischen Störungen von Patienten ohne Amalgamfüllungen
und Resteinlagerungen zu untersuchen. Problem
der Grundgesamtheiten Soll
eine wissenschaftliche Untersuchung zu verallgemeinerbaren Aussagen führen,
so ist eine genaue Definition der Grundgesamtheiten erforderlich, für
die ausgewählten Stichproben repräsentativ sein sollen. Andernfalls
bleiben auch im Einzel signifikant ausfallende Unterschiede auf eben
jene beiden Stichproben beschränkt. Das Problem, eine genügend große
Gruppe von Vergleichspersonen ohne Amalgamfüllungen in der
Vorgeschichte zu finden, erklärt die befremdliche Auswahl der
Kriteriumsvariablen, "Patienten, die sich in einer
dermatologisch-allergologischen Ambulanz vorstellen, weil sie befürchten,
gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Amalgam zu haben oder ein
Risiko dafür zu haben". Hier wird ein berechtigtes
Patienteninteresse nicht Ernst genommen, eine Kategorisierung als
"rein psychisch verursacht" nahegelegt, die dem Patienten
gerade die Beweislast aufbürdet, die der Experte nicht trägt oder
tragen kann. Die
Patientengruppe scheint aber bei näherem Hinsehen nicht nur die
belastetere (Allergien, psychische Symptome, Depressivität, Ängstlichkeit
Somatisierungsstörung, sondern
auch die aufgeklärtere Gruppe zu sein. Die Patienten der Kontrollgruppe
entstammte dann der Grundgesamtheit der "amalgam-naiven" Träger
von Amalgamfüllungen oder einer Gruppe, die subjektive Entlastung
sucht, durch eine mögliche Beschwichtigung durch Experten. Hier
liegt darüberhinaus eine Konfundierung der abhängigen und unabhängigen
Variablen vor. Die
Autoren unterscheiden aber weder nach dem Vorliegen von psychiatrischen
Störungen noch nach dem Ausmaß einer erfaßten Vergiftungsproblematik.
Somit sind die meßtechnisch sauber erhobenen Ergebnisse zur psychischen
Belastung rein deskriptiv für die vorliegende Stichprobe und
bestenfalls repräsentativ eben für solche Patienten, die diverse
subjektive Beschwerden haben und subjektiv zu der Vermutung gelangt
sind, daß diese etwas mit ihren Amalgamfüllungen zu tun haben könnten
und sich deswegen an eine Ambulanz einer Universitätsklinik wenden. Es
schließt weder aus, daß die Beschwerden auf Amalgam zurückuzführen
sind noch dient es als Nachweis für irgendetwas. Vorinformationen
der Patienten und impliziter Behandlungsauftrag Während
einerseits die subjektive laientheoretische Vorstellung der Verursachung
durch das Amalgam für wichtig genug gehalten wurde, um damit eine
Stichprobeneinteilung in Form der unabhängigen Variablen vorzunehmen,
ist völlig verquickt, ob diese Einschätzung aus einer ernsthaften und
vernünftigen Informationssuche und Verarbeitung auf seiten des
Patienten ergeben hat, oder ob eine eher beliebige Ursache gesucht
wurde, um feindliche oder autoaggressive Affekte zu binden etwa in Form
einer Phobie oder gar einer psychotischen Wahnverarbeitung. So ist bei
Vorliegen eines Dermatozoenwahns abzuklären, ob der Patient nicht etwa
tatsächlich die Krätze hat. So
existiert in Giessen existiert eine sehr aktive Selbsthilfegruppe für
Schwermetall-geschädigte, die regelmäßig zu Vorträgen von
Toxikologen einlädt, bei denen bis zu 400 Interessierte erscheinen. In
der benachbarten Universitätsstadt Marburg wurden bereits 3000
Patienten mit einer nachgewiesenen Schädigung durch eingelagertes
Quecksilber behandelt. Psychische
Beeinträchtigungen Weder
der Begriff "Amalgamkrankheit"
noch "Amalgamängste" ist wissenschaftlich gesichert oder gar
eine diagnostische Kategorie (weder die International Classification of
Psychiatric Diseases (ICD-10) noch das Diagnostic and Statistical Manual
(IV (DSM-IV) erwähnt etwas dergleichen. Vermutlich handelt es sich
einfach um nicht sauber operationalisierte intern verwendete
Arbeitsbegriffe der Forschergruppe, die so nicht in einer
wissenschaftlichen Veröffentlichung verwendet werden sollten. Kritik
an den Testverfahren bei diesen "Patientengruppen" Bei
den psychometrisch erhobenen Teswerten für die allgemeine psychische
Pathologie (Gesamtwert der SCL-90-R-Skala zur Erfassung der psychischen
Beeinträchtigung) wiesen die beiden Stichproben der Giessener Studie
Unterschiede auf: Die Patientengruppe hatte auf dem 5-Prozent-Niveau
signifikant höhere Werte in Somatisierung, tendenziell höhere Werte in
Ängstlichkeit und Depressivität. Das von den Autoren verwendete
Beck-Depressions-Inventar ergab Werte, die auf der individuellen Ebene
nach Angaben des Testautors bei einer Reihe von Patienten und
Kontrollpersonen im normalen Bereich liegen, jedoch zeigen sich bei 8
Patienten gegenüber 3 Kontrollpersonen klinisch auffällige
Depressionswerte. Bei
10 Patienten gegenüber 1 Kontrollperson wurden die Kriterien für eine
Somatisierungsstörung nach der Klassifizierung des ICD-!0 erfüllt.
Dieser Unterschied war signifikant. Leider erlaubt auch die
Diagnosestellung einer
"Somatisierungsstörung" in der vorliegenden Studie keinerlei
Rückschluß darauf, ob diese bei den Patienten womöglich doch durch
Quecksilber im Organismus verursacht wurde. Sie als eine Ausschlußklausel
für das Vorhandensein einer tatsächlichen Amalgamvergiftung zu
verwenden, wie die Gießener Autoren nahelegen, ist grob irreführend
wenn nicht gefährlich für die Patienten, zu einer solchen
Symptomagglomeration eine Ursachenzuschreibung im Sinne von "alles
psychisch" nahezulegen, führt den Patienten und den Behandler in
eine Sackgasse und dürfte der Beginn einer Patientenkarriere sein, aus
der Patient so lange keinen Ausweg finden können, wie eine ungeprüft
dennoch vorhandene Amalgamvergiftung einfach geleugnet wird. Patienten
eine psychische Verursachung ihrer Erkrankung zuzuschreiben, ist nur
dann legitim, wenn diese auch als solche nachvollziehbar gemacht werden
kann. Wo hört hier die Leugnung, Nicht-Akzeptanz und Abqualifizierung
von eben nicht schulmedizinisch aber dennoch vorhandenen Maßnahmen zur
Feststellung einer Amalgam-Vergiftung auf und wo wird die Symptomatik
dem Patienten angelastet, denn die ärztliche Diagnose einer
Symptomatik, unter der Patient massiv leidet, als "psychisch"
bedeutet für den Patienten eine Schuld-Zuweisung, bringt eine
Unterstellung mit sich, daß er sich die Erkrankung
"einbilde", d.h. sozusagen auch noch aktiv Energie in die
Aufrechterhaltung seiner Symptomatik hineinsteckt. Dies hat aus meiner
mehrjährigen Erfahrung mit z.B. Schmerzpatienten keinerlei hilfreichen
Wert außer einen entlastenden für den Behandler. "Durch
eine mangelnde Berücksichtigung psychosozialer Faktoren oder einer
undifferenzierte Betrachtung der Beschwerden als "psychogen"
kann die Zuführung dieser unter erheblichem Leidensdruck stehenden
Patienten zu einer adäquaten Therapie verhindert werden." S. 75.
Diese Schlußfolgerung ist völlig richtig, leider muß sich die
Giessener Forschergruppe genau dies vorwerfen lassen. Nicht
berücksichtigt wurde, daß Vergiftung und die Entwicklung einer
Allergie zwei völlig verschiedene physiologische Reaktionen sind, zumal
bekannt ist, daß nur bei einem nicht
geringen Prozentsatz der Patienten mit Schwermetall-Vergiftungen
auch Allergien vorliegen. Wenn
auch festzuhalten ist, daß psychische Symptome im Zweifelsfall der
psychotherapeutischen Stützung bedürfen, so ist doch wiederum völlig
ungeklärt, ob eine Psychotherapie im umgekehrten Fall zu einer
dauerhaften Besserung der Symptome führt, wenn eine
Quecksilbervergiftung vorliegt. Die
Hauptfrage, die die Studie unbeantwortet läßt, ist, ob es ethisch
vertretbar ist, wenn Anhaltspunkte für eine Vergiftung vorliegen, dem
Patienten eine Amalgamentfernung und Quecksilberentgiftung
vorzuenthalten. Literatur W.H.Koch
und M.Weitz 1992: Amalgam,
Wissenschaft und Wirklichkeit. Ökoinstitut,
Freiburg im Breisgau. Übersichtsarbeit
zu Allergiehäufigkeit,
Toxizität Drasch,
Schupp, Riedel: Einfluß
von Amalgamfüllungen auf die Quecksilberkonzentration in menschlichen
Organen. Dt.Zahnärztl.
Z. 47 (1992) 490 - 496. F.Perger:
Amalgamtherapie, in Kompendium der Regulationspathologie und -therapie.
Sonntag-Verlag 1990. K.H.Friese:
Amalgamtherapie für Ärzte und Zahnärzte. Panta 3 (1992 ) Haug-Verlag. P.Smrz:
Amalgam, die verharmloste Zeitbombe. Hipokrates Akademie-Verlag, Ulm. M.Daunderer:
Handbuch
der Amalgamvergiftung, Diagnostik, Therapie, Recht. 1992/ 1997.
Ecomed-Verlag, ca. 1500 Seiten in 2 Bänden mit regelmäßigen Ergänzungslieferungen
Grundlagen. Umfangreiche Einzelfallsammlung, Therapieempfehlungen, Ausführliche
Literaturliste R.L.Silberud:
Die Beziehung zwischen Quecksilber aus Zahnamalgam und psychischer
Gesundheit. Dt. Übersetzung in: U.Hofmann:
Krank
durch Amalgam - und was dann ? Marburger Amalgamstudie I 1997.
GeMUT-Verlag, Marburg
R.
Forsberg: Amalgam
Wissenschaftliche Fakten 1998
Knaur-Verlag Bericht
aus Schweden. Mit Marburger Amalgamstudie I Kieler
Amalgamgutachten Im
Auftrag der Staatsanwaltschaft / Landgericht Frankfurt Staatsanwalt Schöndorf Prof.
Dr. Wassermann, M.Weitz Priv. Doc. Dr. med. C. Alsen-Hinrichs Dr. S. Mai Institut
für Toxikologie im Klinikum der Christian-Albrechts-Universität zu
Kiel Brunswiker
Straße 10, 24105 Kiel Ausführliche
Sammlung wissenschaftlicher Studien und zusammenfassende Bewertung GZM-Verlag
1997 Anmerkung
der Redaktion: Therapeuten mit langjähriger Erfahrung in der Therapie (
nicht die hauptberuflichen "Ökochonder"- Diagnostiker ohne
Therapieerfahrung ) sollten an derartigen Studien dringend beteiligt
werden. |
![]() ![]() |
![]() |
![]() |
Naturheilkunde Tagesklinik AG - Deutschhausstr. 28 - 35037 Marburg -
Telefon: 0 64 21 - 69 00 74 - Fax: 0 64 21 - 69 00 72 nhk-ag@gmx.de - Datenschutzerklärung - Impressum - Kontaktformular - Homepage |